zum Hauptinhalt

Berlin: Auf der Suche nach großen Brocken

Bei der zweitägigen Senatsklausur werden alle Ressorts auf Sparmöglichkeiten durchforstet

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In der Abgeschiedenheit des Senatsgästehauses denken Klaus Wowereit & Co. zwei Tage darüber nach, wie der Doppelhaushalt 2004/05 so reformiert werden kann, dass er einer zweiten Klage der Opposition vor dem Landesverfassungsgericht standhält. Der Senat wird sich dabei an den Vorgaben des SPD/PDS-Koalitionsausschusses orientieren, der vor einer Woche festgelegt hat: Die hohe Neuverschuldung in den nächsten beiden Jahren wird im Wesentlichen mit der extremen Haushaltsnotlage Berlins begründet. Der kleine Rest unbegründbarer Ausgaben im Haushaltsentwurf wird weggespart, und ein paar zusätzliche Einnahmequellen müssen gefunden werden.

Also werden am Montag und Dienstag die Budgets aller Senatsressorts Kapitel für Kapitel durchforstet. Voraussichtlich wird dabei nur kleines Gestrüpp aufgelesen: Hier eine überflüssige Architektenwerkstatt, dort ein nicht unbedingt notwendiges Projekt freier Träger. Die großen Brocken - Personalausgaben, Sozialhilfe, Schulen und Kitas, Hochschulen und Kultureinrichtungen – sollen fast ungeschoren davonkommen. Der gesamte neue Sparbeitrag für einen verfassungskonformen Haushalt, sagen die Finanzexperten der Koalition, wird sich nur auf einen zweistelligen Millionenbetrag summieren. Nicht mehr. Der Etat sei schon weitgehend ausgeknautscht. Auf der Einnahmeseite soll mehr zusammenkommen; etwa durch den geplanten Verkauf des Wohnungsunternehmens GSW.

Beraten wird mit „open end“. Tief in die Winternacht hinein. Aber wenn der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Wirtschaftssenator Harald Wolf am Mittwoch das Ergebnis der Klausurtagung öffentlich verkünden, fängt der Ärger erst an. Dann werden zunächst die parlamentarische Opposition und ab Januar auch die Regierungskoalitionen über den gelifteten Haushaltsentwurf herfallen. Die Grünen kündigen schon jetzt eigene Sparvorschläge in Höhe von 250 bis 300 Millionen Euro an. Zum Beispiel beim öffentlichen Personal und dem Immobilienmanagement sehen sie noch beachtliche Konsolidierungspotenziale.

Ein großer Teil dieser Gelder sollte nach Auffassung der Grünen in die Kitas, Schulen und Hochschulen zurückfließen. Um sichtbare politische Schwerpunkte zu bilden. Auch die Symphoniker müssten unbedingt gerettet werden. Außerdem fordern die Grünen kategorisch ein wirklich langfristiges Haushalts-Sanierungsprogramm. Die vorliegende Finanzplanung bis 2007 sei wenig überzeugend. Sollten SPD und PDS diese Sparvorschläge nicht nur in der Senatsklausur, sondern auch in den parlamentarischen Etatberatungen Anfang 2004 ignorieren, drohten die Grünen-Haushälter Jochen Esser und Oliver Schruoffeneger vorsorglich mit einer zweiten Verfassungsklage.

Dazu benötigten sie aber auch Abgeordnete der CDU oder der FDP, um das gesetzliche Klagequorum zu erfüllen. Es sieht ganz so aus, als wollten sich die Grünen bei ihren Bemühungen um eine gemeinsame Oppositionsstrategie auf die CDU-Fraktion konzentrieren. Die Christdemokraten haben bisher allerdings noch keine belastbaren Vorschläge für einen verfassungsgemäßen Etat vorgelegt. Die FDP hingegen präsentierte bereits Maximalforderungen für Einsparungen im Personal- und Sozialbereich in Milliardenhöhe, die aber selbst von CDU und Grünen nicht besonders ernst genommen werden.

Zur Startseite