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Berlin: AUF DEUTSCH GESAGT Alles Ansichtssache

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Wenn Politiker reden, dann wollen sie für ihre Anliegen werben. In der Regel. Manchmal aber drücken sie sich um klare Worte, weil es den Wähler verprellen könnte. Wie Politiker sprechen und was sie wirklich meinen – alle zwei Wochen von Brigitte Grunert.

Eine Meinung ist eine Meinung. Doch Politiker und Parlamentarier, Partei und Verbandsfunktionäre gestatten sich öfter deren zwei. Klaus Wowereit sagte in Mexiko, „dass ich persönlich gegen die Freigabe von Haschisch bin.“ Na schön. Hat er womöglich auch eine unpersönliche Meinung? Das verriet er nicht, obwohl er als Stadtoberhaupt ein interessanter Interview-Partner war, nicht als Privatmann. Der Regierende Bürgermeister weiß natürlich, dass er mit seiner „persönlichen“ Auffassung quer zur Mehrheit des Abgeordnetenhauses steht. Bis auf die CDU fielen gleich alle über ihn her. Dabei hat er niemandem etwas getan. In der Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS steht lediglich der Prüfauftrag, inwieweit Besitz und Abgabe geringer Mengen „weicher Drogen entkriminalisiert werden können“. Und über zwei Anträge für die Freigabe (FDP 15 Gramm, Grüne 30) wird noch debattiert.

Wowereit hat seine Ansicht geäußert, aber sie durch das eingeschobene Wörtchen „persönlich“ sogleich relativiert, ja geradezu verschluckt. Das tun auch andere liebend gern. Erfahrungsgemäß betonen sie meistens dann ihre „persönliche Meinung“, wenn sie es für aussichtslos halten, den Überzeugungskampf aufzunehmen. Sie reihen sich in die Mehrheit ein, blinzeln aber der Minderheit mit einem Auge zu: Seht her, ich liege richtig, die anderen sind bockig. Auch Joachim Zeller hat ja gerade gezeigt, dass er zwei Seelen in seiner Brust hat. Als Bezirksbürgermeister von Mitte sprach er von einem „Hochsicherheitstrakt“, weil er den Bundesnachrichtendienst nicht in „seinem“ Bezirk haben will. Als CDU-Chef hat er dagegen nichts am Umzug des BND von Pullach nach Berlin auszusetzen – natürlich nicht.

Es gibt eben Politiker, die Pirouetten drehen und das für Weg weisende Taten halten. „Ob das Modell des Senats der Weisheit letzter Schluss ist, wird im Kreisverband kritisch gesehen“, sprach der SPD-Kreisvorsitzende und Abgeordnete Michael Arndt (Steglitz-Zehlendorf) zur umstrittenen Erhöhung der Kitagebühren. Also: „Ob“ ist gar nichts. Wer „ob“ sagt, hat sich noch keine Meinung gebildet. Er weiß nicht, ob der Senatsbeschluss (was heißt Modell?) der Weisheit letzter Schluss ist. Man kann eine Entscheidung kritisieren oder bezweifeln, dass sie etwas taugt. Und wie denkt Herr Dr. Arndt selbst darüber? Na ja, der Kreishauptmann hat sich so ausgedrückt, dass ihm weder seine Basis noch seine Parteiführung den Kopf abreißen kann. Zu beklagen hatte er sich nur allgemein über die mangelnde „Transparenz“ von Entscheidungen.

Sicher doch, „Transparenz“ vermissen Politiker immer, wenn sie schwere Lasten mittragen sollen, die Unbehagen verursachen, oder wenn ihnen die ganze Richtung nicht passt. Darauf haben die Spitzen dann prompt die stets gleiche – ein wenig selbstkritische – Antwort parat: „Wir müssen unsere Politik besser kommunizieren“ (Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul).

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