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Auf Deutsch gesagt: Dahinter stehen Menschen, nicht Strukturen

Mit dem Vertrauen der Wähler in die Politiker ist es ja nicht weit her, mit dem Selbstvertrauen der Politiker offenbar auch nicht. Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker.

Gewiss, Angriffe auf politische Gegner gehören zum Geschäft. Oft aber reden sie so vorsichtig oder unbeholfen, dass unsereiner gar nicht weiß, wer der Adressat für Kritik und Lob ist.

Beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hörte sich das kürzlich vor dem Abgeordnetenhaus so an: „Und das ist ein Schwerpunkt, den diese Politik konsequent umsetzen wird.“ Er wird doch wohl die Politik des rot-roten Senats gemeint haben, also auch seine eigene, und nicht die Vorstellungen der Opposition.

„Die neue Schulstruktur schafft die Hauptschule ab“, meinte Carola Bluhm, die Vorsitzende der Linksfraktion. Fantastisch, was die Schulstruktur alles kann! Natürlich ist es die Koalition, die die neue Schulstruktur durchsetzen will. Aber das merkt man nicht, weil die Aussage sprachlich verkorkst ist.

Über die Zugangskriterien zum Gymnasium wird heftig diskutiert. „Viele in der SPD möchten das Papier nicht unterstützen“, sagte der stellvertretende Sprecher der Berliner Jusos, Kevin Kühnert, wie ich in der Zeitung las. Er bezog sich auf das (inzwischen etwas veränderte) Konzept des Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD). Nun ja, er wollte den eigenen Senator nicht so direkt kritisieren.

Elisabeth Paus (Grüne) wollte in der parlamentarischen Fragestunde wissen: „Wie trägt die für die Verwaltung der EU-Fonds zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen dafür Sorge, dass ...?“ Trägt für diese Verwaltung etwa kein Senator die Verantwortung? Doch, und zwar Harald Wolf (Die Linke).

Die Grünen, die dafür sind, „die Rahmenbedingungen der Berliner Kitas entscheidend zu verbessern“, behaupteten: „Dafür haben die mehr als 66 000 Unterschriften für das Kita-Volksbegehren ein deutliches Votum abgegeben.“ Nun ja, die Unterschriften sind ein Votum, aber abgegeben haben es Bürger mit ihrer Unterschrift.

„Wir haben einen Parteitagsbeschluss, der den Ausstieg aus dem Projekt fordert“, bekundete Christian Gaebler (SPD) vor dem Parlament zum umstrittenen Thema Ausbau der A 100. Und was folgt aus dieser Feststellung? Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer warb für den Ausbau dieser Autobahn und sagte: „Eine bürgernahe Politik respektiert die Wahlfreiheit der Verkehrsmittel.“ Du liebe Güte, der eine lässt einen Beschluss etwas fordern, der andere eine Politik etwas respektieren. Ach, wo sind die Politiker, die sich eindeutig und sprachlich einwandfrei zu ihrer Haltung bekennen?

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