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Auf Deutsch gesagt: Ohne Sinn für Sprachmelodie

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Mit der Grammatik nehmen es ja viele nicht mehr so genau, der Regierende Bürgermeister und Kultursenator(!) auch nicht, schade. Klaus Wowereit könnte seine Zuhörer fesseln, hätte er rhetorischen Schliff. Er kann feurig argumentieren, man nimmt ihm Überzeugungstreue und Engagement ab. Er meint, was er sagt. Nur wie er es sagt, das klingt sprachlich ungeschliffen, erst recht, wenn er aus dem Stegreif redet.

Beispiele mögen es illustrieren. „Wir wollen mehr Ganztagsschulen, und wir werden sie umsetzen.“ – „Das ist ein Schwerpunkt, den diese Politik umsetzen wird.“ – „Dazu ist nicht der Senat zuständig, sondern dazu ist der Insolvenzverwalter zuständig.“ – „...weil wir hatten Zeiten gehabt ...“ – „...weil diese Stadt hat sich positiv entwickelt.“ – „...weil Sie gehören einer Partei an, die ...“

Wer immer zuständig ist, er ist jedenfalls für etwas zuständig, niemals zu etwas. Mag sein, dass sich Wowereit verhaspelt hat. Doch woher will er die Kraft nehmen, Schulen umzusetzen? Schon gut, der Senat will mehr Ganztagsschulen einrichten, nicht Schulgebäude verrücken. Als gäbe es keine treffenden Verben und verantwortlichen Politiker, will „die Politik“ immer alles umsetzen, selbst Schwerpunkte, obwohl diese gesetzt werden.

Wer Wowereit hört, muss denken, er habe sich an die Spitze derer gestellt, die keine Nebensätzen mögen. Für die Sprachmelodie haben sie kein Ohr. „...weil die Stadt hat sich positiv entwickelt“: Man bemerkt die Kunstpause hinter weil und fragt sich: Ging hier der Faden verloren? Dabei ist die Regel einfach. Im Hauptsatz folgt das Prädikat dem Subjekt, im Fragesatz steht das Verb vorn, im Nebensatz am Ende. Weil gehört zu den Konjunktionen, mit denen Nebensätze eingeleitet werden. Er freute sich über den Erfolg. Freute er sich über den Erfolg? Er freute sich, weil er Erfolg hatte. Mit anderen Konjunktionen wie denn, verbindet man Hauptsätze. Er freute sich, denn er hatte Erfolg.

„...weil wir hatten Zeiten gehabt...“, sagte Wowereit. Gleich zwei Schnitzer auf einmal, was hat er sich denn dabei „gedacht gehabt“? Abgesehen vom missglückten Satzbau hat er auch die Vergangenheit doppelt gemoppelt, das war überflüssig („gewesen“). Nun ja, so „red’t der Berlina“, weil er die Vergangenheit gern überbetont.

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