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Auf Deutsch gesagt: Sich Peking hingeben

Wenn Politiker reden, dann wollen sie für ihre Anliegen werben. In der Regel. Manchmal aber drücken sie sich um klare Worte, weil es den Wähler verprellen könnte. Wie Politiker sprechen, und was sie wirklich meinen – darüber schreibt Brigitte Grunert.

Selbstverständlich setzen sich alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses für die Menschenrechte ein, überall in der Welt. Die Ereignisse in Tibet und die Olympischen Spiele waren daher neulich Thema einer lebhaften Parlamentsdebatte. „Der Schutz der Menschenrechte, die Wahrung der kulturellen Identität von Minderheiten und Religionsfreiheit müssen auch in der Volksrepublik China respektiert werden“, heißt es in einem Antrag der Oppositionsfraktionen, also der CDU, der Grünen und der FDP.

Du liebe Güte, welche Formulierungskunst! Was heißt respektieren? Gewährleisten müsste die politische Führung in China die Menschenrechte, aber das tut sie nicht, schon gar nicht in Tibet. Flagge zeigen ist gut, aber bitte unmissverständlich. Wer sollte überhaupt die Menschenrechte der Tibeter schützen, wenn nicht die chinesische Staatsmacht? Man stelle sich vor, der Regierende Bürgermeister würde behaupten, er respektiere den Schutz von Minderheiten. Da würden ja die Hühner lachen. Bei uns ist es die Pflicht und Schuldigkeit der Regierung, alle Bürger einschließlich der Minderheiten zu schützen. Alles andere wäre Missachtung der Verfassung.

Die SPD und die Linke betonen in einem Antrag, dass „Menschenrechtsverletzungen jedweder Art“ verurteilt werden. Dann kommt der wundervoll gedrechselte Satz: „Das Abgeordnetenhaus will die Städtepartnerschaft zu Peking dazu nutzen, den kritischen Dialog mit China fortzusetzen und auch die Einhaltung der Menschenrechte in Tibet zu thematisieren.“ Das klingt auch nicht nach der schlichten Forderung, die Menschenrechte nicht länger zu ignorieren. Würden die Menschenrechte der Tibeter eingehalten, brauchte man darüber nicht zu diskutieren.

Abgesehen davon stellt sich rein sprachlich die Frage, was eine Städtepartnerschaft Berlins zu Peking sein soll. Eine Partnerschaft besteht immer mit jemandem, im Miteinander eben. Ich lebe ja auch nicht in der Ehe zu meinem Mann, sondern mit ihm. Ist von einem Verhältnis die Rede, sind zwar beide Präpositionen möglich, doch Vorsicht: Es kommt darauf an, ob man ein Verhältnis mit jemandem oder ein bestimmtes Verhältnis zu jemandem hat.

Parlamentspräsident Walter Momper wird auf seine Reise nach Peking anlässlich der Olympischen Spiele verzichten. Diese Reise wäre das falsche Signal, wetterte die Opposition. Der Abgeordnete Oliver Schruoffeneger (Grüne) drückte es so aus: „Peking instrumentalisiert die Olympischen Spiele, und dazu darf man sich nicht hingeben.“ Schon gut, er meinte, man dürfe sich dafür nicht hergeben.

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