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Auf Deutsch gesagt: Viel zu viel „zu“

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Mit den Präpositionen wird ja viel Schindluder getrieben. Verwechselungen aus purer Gedankenlosigkeit sind gang und gäbe. So haben wir es zum Beispiel mit dem inflationären Gebrauch des Wörtchens „zu“ als Verhältniswort zu tun. Es geht offenbar nicht mehr ohne, egal, ob es passt oder nicht. In der ersten Meldung über die Entführung zweier Deutscher in Afghanistan hieß es in den Rundfunknachrichten: „Es gab keine Bestätigung zu der Entführung.“ „Zu“ ist hier natürlich sinnlos. Es gab keine Bestätigung der Entführung; die Bundesregierung konnte dazu noch nichts sagen.

Die Präposition „zu“ bedeutet vor allem: auf ein bestimmtes Ziel zu. Er konnte zur Klärung des Sachverhalts nichts beitragen. Sie ging zum Bahnhof. Er kam auf sie zu. Nun ist es eine seltsame Mode, zu im Sinne einer ungefähren Angabe zu gebrauchen. „Es ist auch eine Frage, die uns während des ganzen Prozesses zum öffentlichen Gesundheitsdienst beschäftigt hat“, sagte Senatorin Heidi Knake- Werner (Die Linke) in einer Parlamentsdebatte. Klar, da versteht man gar nichts mehr. Ebenfalls vor dem Abgeordnetenhaus bemerkte sie, es gebe „auch im öffentlichen Dienst Menschen, die ihre Ausbildung abbrechen, die sich zu einer anderen Ausbildung entscheiden.“ Na ja, man entschließt sich zu etwas, aber man entscheidet sich für (oder gegen) etwas.

Am 22. März hörte ich im Rundfunk die Information, dass „zum Anlass des heutigen 175. Todestages von Goethe“ die Goethe-Medaille verliehen werde; dies geschehe jedes Jahr „zum Anlass des Todestages von Goethe“. Schön und gut, aber bitte aus Anlass/anlässlich des Todestages oder am/zum Todestag.

Der Senat müsse „umgehend mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit zu den gesundheitlichen Zielen und (zu) der konkreten Umsetzung der Umweltzone beginnen“, fordern die Grünen in einem Antrag. Auch sei sicherzustellen, dass „der Katalog zu den Ausnahmen vom Fahrverbot … restriktiv Anwendung findet“. Zu komisch, das klingt direkt, als verlangten die Grünen vom Senat lediglich Stückwerk, was gewiss nicht der Fall ist. Es gibt nur einen Katalog der Ausnahmen. Das Wörtchen „zu“ ist auch hier der reinste Nonsens, überflüssig und obendrein sinnentstellend. Aufklärung verlangt man über etwas, nicht zu etwas. Doch ständig wird zu einem Thema diskutiert statt über ein Thema.

In einem anderen Antrag betonen die Grünen: „Es ist eine zentrale Aufgabe der Politik, wieder mehr Vertrauen junger Berlinerinnen und Berliner an politischen Entscheidungsprozessen zu gewinnen.“ Puh! Man kann Vertrauen in die Politiker setzen, man kann es zu ihnen haben, aber niemals an ihren Entscheidungen gewinnen. Ach, die Präpositionen sind ein weites Feld.

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