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Berlin: Auf einer Welle

Die Gedächtniskirche wird zur Werbefläche – für einen Mobilfunkanbieter

Die Gedächtniskirche ist wieder zur Litfasssäule geworden. Gestern hat das Telekommunikationsunternehmen O2 alle Seiten des Oktogons mit einer blauen Plane verhüllt und mit einem Werbeslogan beschriftet. Einen Monat lang wird der 1961 eingeweihte Bau des Architekten Egon Eiermann wieder als Werbebanner dienen, danach sollen andere Unternehmen folgen. So wünschen es sich die Gemeinde, der Pfarrer und die Firma Wall. Denn die Gedächtniskirche braucht Geld, viel Geld. Womöglich mehr als eine Million Euro kostet die Großsanierung des Gotteshauses, die jetzt, nach zwanzig Jahren, ansteht.

An der Fassade müssen die Betonwaben ausgebessert werden. Die Materialmischung halte den Umwelteinflüssen nicht stand, sagt Wolfgang Kuhla, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats. Er hatte die Idee, zusammen mit dem Unternehmer Hans Wall die Kirche als Werbefläche anzubieten. Auch das Untergeschoss der Kirche müsse umgebaut, die sanitären Anlagen müssten erneuert, die Treppen außen und das Podest, auf dem die Kirche steht, ausgebessert werden. Der alte Turm warte auf eine Sanierung, wie die Kapelle hinter dem neuen Turm.

Die erste Rundum-Sanierung vor 20 Jahren konnte die Gemeinde noch mit Eigenmitteln finanzieren. Die Arbeiten am Glockenturm vor sechs Jahren wurden zum ersten Mal mit Werbeeinnahmen bezahlt. Damals warb Claudia Schiffer für L’Oreal, was zu Protesten führte. Diesmal sind offensichtlich alle Gremien einverstanden, das Geld für die Sanierung mit Werbung einzuspielen. „Eine Alternative sehen wir nicht“, sagt Pfarrer Martin Germer. Auch die Landeskirche habe kein Geld für große Sanierungen.

Es sei eine Auszeichnung, bei der Sanierung mithelfen zu dürfen, sagte Unternehmer Hans Wall. Er ist zuversichtlich, dass sich genügend Firmen finden, die an dem prominenten Ort auf 2075 Quadratmetern werben wollen. Wenn nicht, werde er das fehlende Geld zuschießen.

Wer sich womit präsentieren darf, wird mit der Gemeinde abgesprochen. In Frage komme nur, was der Würde des Ortes entspreche, sagt Kuhla. Mit O2 könne er gut leben. Das Blau sei wie der Himmel. Sogar den Weihnachtsbaum würde die Gemeinde woanders aufstellen, falls er die Werbung verdeckt. Die Sanierung soll bis Mai 2006 abgeschlossen sein, rechtzeitig vor der Fußball-WM.

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