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Berlin: Auf Faustschläge folgen Messerstiche

Gewalt in der S-Bahn: Erneut wird ein Mann auf S-Bahnhof attackiert. In einem anderen Fall vergingen fünf Jahre bis zum Prozess

Erneut gab es am Wochenende einen gewalttätigen Angriff auf einem Berliner S-Bahnhof. Die Attacke auf dem S-Bahnhof Spindlersfeld geschah bereits am Freitagabend, wurde aber erst am Montag von der Bundespolizei mitgeteilt. Erst gab es lauten Streit, dann Faustschläge – am Ende stach der Unbekannte mit dem Messer zu. Er verfehlte dabei nur knapp die Halsschlagader des 59-jährigen Opfers. Die Bundespolizei fahndet nun nach dem Tatverdächtigen, der etwa 50 bis 55 Jahre alt sein soll. Das Opfer liegt im Krankenhaus, Lebensgefahr besteht nicht.

Ein Kiosk-Besitzer hatte gegen 18 Uhr beobachtet, wie das spätere Opfer mit einem anderen Mann auf dem Bahnsteig in Streit geriet. Kurz darauf schlug laut Polizei der Unbekannte mehrmals mit der Faust auf den 59-Jährigen ein. Dann zückte er ein etwa 15 Zentimeter langes Messer und stach damit seinen Kontrahenten nieder. Als das Opfer blutüberströmt am Boden lag, flüchtete der Angreifer. Im Krankenhaus entdeckten die Ärzte eine sieben Zentimeter lange Schnittverletzung am Hinterkopf sowie eine drei Zentimeter tiefe Stichverletzung in der linken Schulter.

Der Angreifer habe die Halsschlagader des Opfers nur um wenige Zentimeter verfehlt, hieß es. Das Opfer kommt aus Köpenick. Zum Tatzeitpunkt soll es „stark alkoholisiert" gewesen sein, wie ein Beamter sagte. Ein Promillewert sei jedoch nicht ermittelt worden. Wie es zu dem Streit kam, weiß die Polizei noch nicht. Sie hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Unterdessen begann am Montag vor dem Landgericht ein Prozess um eine Schlägerei in der S-Bahn. Dabei hatte die Justiz lange auf sich warten lassen. Denn von der Prügelei in der S-Bahn bis zum Prozess vergingen fast fünf Jahre: So lange schmorte die Akte „Daniel B.“ bei der Staatsanwaltschaft. Dabei scheint es kein besonders schwieriges Verfahren gewesen zu sein. Vor Gericht zeigte sich Daniel B. am Montag einsichtig. „So schlecht habe ich mich wohl benommen“, bestätigte er die Vorwürfe. Das Opfer, das er bis zur Bewusstlosigkeit misshandelt hatte, sei aber nicht ganz unschuldig gewesen.

Die Männer waren sich am Abend des 20. Oktober 2006 in einem Zug der S 7 nach Ahrensfelde begegnet. Zwei angetrunkene Mittzwanziger, die in Begleitung waren. Warum es zum Streit kam, ist nicht klar. Als nach derben Pöbeleien ein Kronkorken in Richtung des Angeklagten flog, rastete dieser aus. Er nahm den damals 23-jährigen Kontrahenten in den Schwitzkasten, schlug ihn wiederholt mit dem Kopf gegen eine Haltestange, trat schließlich auf den am Boden liegenden Mann ein und brach ihm die Nase.

In diesem Fall von Gewalt im öffentlichen Nahverkehr stellte sich der Täter damals selbst der Polizei. Daniel B., ein damals obdachloser Mann mit einer durch Drogenkonsum seit früher Jugend ausgelösten Psychose, saß auf dem Bahnhof Springpfuhl und ging friedlich mit den Polizisten. Er machte seine Aussage und blieb frei. In den nächsten Jahren saß er als kleiner Dieb vor Gericht und wegen einer Beleidigung. Wegen der S-Bahn-Schlägerei, für die ihm eine viel härtere Strafe drohte, wurde erst im April 2010 Anklage erhoben.

Warum dieses Verfahren so „überlang“ dauerte, wurde auch im Prozess nicht deutlich. „Es wurde lange nicht weitergeführt, eine Verzögerung, die nicht zu erklären ist“, sagte die Vorsitzende Richterin im Urteil. Für den geständigen Daniel B. wurde auch das zu einem strafmildernden Punkt. Zudem habe er es in den letzten Jahren geschafft, sein Leben zu ändern. Die Strafe fiel milde aus: wegen gefährlicher Körperverletzung ein Jahr Haft auf Bewährung. Ihm wurde zudem auferlegt, eine psychiatrische Behandlung fortzusetzen.

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