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Berlin: AUF GUT DEUTSCH Erbsen in der Suppe

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Das Haar in der Suppe bedeutet auch sinnbildlich einen abstoßenden Befund. Wer notorisch an allem herummeckert, findet sprichwörtlich immer ein Haar in der Suppe. Was es jedoch an Erbsen in der Suppe zu mäkeln gibt, weiß wohl nur der Abgeordnete Bernd Schimmler (SPD). Vorwurfsvoll bat er neulich die Opposition in einer Parlamentsdebatte, sie solle „nicht immer irgendwelche Erbsen in der Suppe finden“. Ach, Herr Schimmler hat Erbsen mit Haaren verwechselt. Vielleicht dachte er an sprichwörtliche Erbsenzähler, diese kleinlichen Pedanten, die nicht bereit sind, um des großen Ganzen willen über kleine Schönheitsfehler hinweg zu sehen.

Mit Sprichwörtern, Redensarten und Metaphern kann man komplizierte Dinge leicht verständlich machen. Was ist nur daran so schwer, dass allzu oft Bildersalat herauskommt? Lisa Paus (Grüne) warf der rotroten Koalition vor, etwas „als Feigenblatt zu adeln“. Gut, man kennt das Feigenblatt als schamhafte Verhüllung, etwa bei der Darstellung von Adam und Eva. Politiker verstecken Unangenehmes gern unter dem Feigenblatt des Schönredens. Aber ein geadeltes Feigenblatt? Das ist ein reichlich schiefes Bild. Es erklärt nichts, es weckt keine Assoziationen.

„Da sind wir vollkommen konsistent“, sagte Lisa Paus zur CDU gewandt. Schon wieder daneben. Konsistent heißt fest, zäh oder dickflüssig. Frau Paus wollte vermutlich sagen, dass sie mit der CDU im Konsens (in Übereinstimmung) sei, nämlich in der Forderung nach 100000 finanzierten Studienplätzen in Berlin statt 85000.

Eine Abgeordnete, ich weiß nicht mehr, welche, verstieg sich beim allseits beliebten Thema Kampfhunde zu dem bemerkenswerten Sprachbild von den „großen Beißern, die in fast jeden Hundebiss verwickelt sind“. Falls man richtig rät, wollte sie bekunden, dass nicht nur Kampfhunde bissig sind. Aber wie mehrere „große Beißer“ an einem Biss beteiligt sein sollen, kann man sich nicht vorstellen. Verwickelt ist man übrigens in Affären oder krumme Geschäfte, was mit Hunden nichts zu tun hat.

Die FDP ist konsequent für Privatisierungen. Dabei hat sie auch die BVG im Visier. Das rief jüngst im Parlament die SPD auf den Plan. „Sie werden keine Bewerber finden, die ein derartig integriertes Verkehrskonzept schultern“, meinte Christian Gaebler mit Stentorstimme. Du liebe Güte, niemand soll den ganzen S-Bahn-, U-Bahn-, Straßenbahn- und Busverkehr „schultern“. Jeder würde sich daran verheben, nicht wahr? Rollen soll der Verkehr, und zwar nach einem gut abgestimmten, gewinnträchtigen Konzept. Merkwürdig, dass sich bei solchem Nonsens kein Gelächter bemerkbar macht. Manchen fällt es nicht auf, andere hören nicht zu. Schade um die Bilder im Kopf. Wie sagte Finanzsenator Thilo Sarrazin vor dem Parlament? „Wir haben alle eine, wenn auch unterschiedlich ausgeprägte, Fähigkeit, logisch zu denken.“

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