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Berlin: Auf kreativer Mission

Die evangelische Kirche will sich erneuern, um Mitglieder zu gewinnen

Die Kirche kommt auf den Marktplatz und geht in den Kiez. Sie erfindet neue Gottesdienstformen, um nicht nur die immer Gleichen anzulocken und sie bricht verkrustete Strukturen auf. So will die evangelische Landeskirche bis 2020 die Mitgliederzahl um ein Viertel steigern, die Kirchenbänke füllen und die Zahl der Schüler in evangelischen Schulen verdoppeln. So sieht es das Perspektivpapier „Salz der Erde“ vor, das Landesbischof Wolfgang Huber gestern präsentierte und das die Richtung der Landeskirche für die nächsten 13 Jahre vorgibt.

Das hundert Seiten starke Dokument orientiert sich an dem „Impulspapier“, das die EKD vergangenes Jahr vorgestellt hat und mit dem sie einen EKD weiten Reformprozess eingeleitet hat. Wie das EKD-Papier sieht auch das Zukunftsprogramm für die Landeskirche vor, dass nicht mehr jede Gemeinde alles macht, sondern sich auf Schwerpunkte konzentriert und sich besser mit den Nachbarpfarreien und Kiezen vernetzt. „Es muss nicht alles überall in durchschnittlicher Qualität angeboten werden, sondern Spezielles an einzelnen gut kenntlichen Orten mit hoher Qualität.“

Anstatt am eingespielten Gottesdienst festzuhalten, sollen Pfarrer kreativ sein und Gottesdienste um bestimmte Themen oder Anlässe herum feiern. Durch Konzentration, Verbesserung der Qualität und neue Konzepte soll die Zahl der Gottesdienstbesucher von jetzt vier Prozent auf zehn Prozent gesteigert werden.

Die Gottesdienste seien oft zu „insiderisch“, arm an Riten. Auch würden Text, Musik und Raum oft nicht harmonieren. Um die Qualität zu steigern, soll es mehr Gottesdienstkritik geben, etwa Besucher mit Fragebögen zur Bewertung des Erlebten aufgefordert werden. Auch sollen sich Pfarrer und Kirchenmusiker regelmäßig mit externen „Paten“ beraten, was man verbessern kann. Das Papier sieht außerdem vor, dass Pfarrer von Verwaltungsaufgaben entlastet werden sollen, indem sie Dienstvereinbarungen mit dem Gemeindekirchenrat treffen. Auch soll es klare Zielvereinbarungen für die Arbeit von Pfarrern geben, deren Einhaltung regelmäßig überprüft werden soll. Fortbildungen, auch für Ehrenamtliche, sollen größeres Gewicht bekommen. Wie in der ganzen EKD soll auch in der Berliner Landeskirche ein neues „Qualitätsbewusstsein und „Qualitätsmanagement“ einziehen.

Rund 7000 Schüler besuchen derzeit evangelische Schulen. 2020 sollen es doppelt so viele sein. Das will man vor allem dadurch erreichen, dass nicht nur Grundschulen und Gymnasien gegründet werden, sondern alle möglichen Typen von Oberschulen – „für Schüler aus ganz unterschiedlichen Milieus und weltanschaulichem Hintergrund“.

Die angestrebten Reformen sollen Zuversicht auslösen, die Pfarrer entlasten und ermutigen, sagte Bischof Huber. Die Finanzierung sei bewusst ausgeklammert worden, um eine Verselbstständigung von Strukturdiskussionen zu vermeiden. Huber sprach sich aber dafür aus, dass Gemeinden mehr Energie auf Fundraising verwenden. Spender sollten mehr gewürdigt werden. Huber selbst will künftig jährlich einen großen Empfang für die hundert wichtigsten privaten Geldgeber und für 900 besonders engagierte Kirchenmitglieder ausrichten. Claudia Keller

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