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Angehende Kripobeamte informieren Anwohner in Prenzlauer Berg, wie sie ihre Wohnungen einbruchsicher machen können.

© Thilo Rückeis

Aufklärungskampagne der Berliner Polizei: Wie man seine Wohnung vor Einbrechern schützt

Die Zahl der Einbrüche ist deutlich gestiegen – jeden Tag sind 30 Wohnungen oder Häuser betroffen Jetzt haben Polizeischüler per Hausbesuch Bürger informiert, wie sie ihr Zuhause sichern können.

"Guten Tag, hier ist die Polizei. Haben Sie einen Moment Zeit?", fragt Marcus Wagner höflich und holt seinen Dienstausweis aus der Jackentasche. Der 23-Jährige ist Polizeischüler im fünften Semester bei der Berliner Kriminalpolizei. An diesem Dienstagnachmittag müssen die acht Auszubildenden eine ungewöhnliche Aufgabe erfüllen: Sie sollen vier Stunden unangemeldet von Haus zu Haus gehen und die Anwohner in Prenzlauer Berg informieren, wie sie ihre Wohnungen vor Einbrechern schützen können. Die Polizei hatte das Präventionsprojekt berlinweit im Sommer 2011 ins Leben gerufen, als die Zahl der Einbrüche dramatisch angestiegen war. Zum Vergleich: 2010 registrierte die Polizei 8713 Fälle, 2011 waren es 11006 Fälle. Statistisch gesehen wird in der Hauptstadt jeden Tag in 30 Wohnungen und Einfamilienhäuser eingebrochen. Kürzlich etwa in die privaten Räume von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Charlottenburg.

Als Marcus Wagner gegen 13 Uhr die ersten Klingelknöpfe drückt, muss er geduldig sein. Die meisten Anwohner sind zu dieser Tageszeit nicht da. Erst beim fünften Versuch ertönt endlich ein Summen aus dem Lautsprecher. Im vierten Stock öffnet eine Frau die Tür, sie runzelt die Stirn und schaut ein wenig fragend. „Keine Sorge. Es ist nichts passiert. Wir wollen sie heute nur zum Thema Einbruchschutz aufklären, wenn Sie mögen“, sagt der junge Polizist mit ruhiger Stimme. „Das habe ich noch nie erlebt, dass Polizisten bei mir vor der Tür stehen, um mich zu informieren. Aber ich finde das sehr schön, dass sich jemand kümmert“, sagt Ute Mielke, 41. Im Haus sei schon mehrfach eingebrochen worden und im Nachbarhaus seien sogar Anwohner zu Hause gewesen, als die Diebe bei ihnen einstiegen. „Das finde ich sehr gruselig“, sagt sie. Wagner schaut sich die Wohnungstür an, „sie benutzen ein Stangenschloss. Das ist sehr lobenswert“, findet er. „Eine richtig gesicherte Tür lässt sich nicht so einfach aufbrechen, wenn sie – so wie hier – mit einem Stangenschloss oder Querriegel gesichert ist.“ Er zeigt auf ein paar Turnschuhe, die vor der Tür stehen. „So etwas schreckt Einbrecher auch ab, weil sie denken, dass jemand zu Hause ist.“ Der Polizeischüler will wissen, ob sie ihre Nachbarn im Haus kennt. Ute Mielke zuckt mit den Schultern. „Fragen sie das nächste Mal nach, wenn sie einem Unbekannten im Treppenhaus begegnen, was er bei Ihnen macht. Dadurch verhindern Sie, dass sich fremde Menschen im Haus aufhalten.“ Doch manche Täter tarnen sich auch und geben sich als Getränkelieferant, Paketboten oder Handwerker aus, weiß Wagner.

Im Nachbarhaus macht niemand die Tür auf. „Sie kommen zu einer ungünstigen Uhrzeit. Die meisten sind bei der Arbeit und das sind diejenigen, bei denen zuerst eingebrochen wird“, klagt eine Anwohnerin zwei Hausnummern weiter. Gerade erst sei bei ihren Nachbarn Bargeld und Schmuck gestohlen worden. „Aber das Schlimmste ist ja das Durcheinander. Sie haben alle Schubladen herausgerissen und die Klamotten auf den Boden geschmissen“, sagt sie. „Nein“, da hätte sie nicht mehr wohnen können.

Wagner bleibt vor einer Tür stehen und schüttelt den Kopf. „Das Schloss kann man ganz leicht mit einem Dietrich öffnen, weil der Zylinder zu weit herausragt“, sagt er. Leider macht hinter dieser Tür niemand auf. „Schade, den Bewohner hätte ich gern mal gewarnt, wie leicht man bei ihm einsteigen kann.“

Welche Objekte sich die Einbrecher am liebsten aussuchen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Nach Einschätzung der Polizei gehören die meisten Einbrecher vermutlich keiner professionellen Bande an. Gerade in der Innenstadt fürchten sie, entdeckt zu werden. Bevorzugt sind deshalb die oberen Etagen der Mietshäuser, da hier die Chance, erwischt zu werden geringer ist. Wohnungseinbrüche werden meistens von Gelegenheits- und Kleinkriminellen, oft auch von Drogenabhängigen, die ihre Sucht finanzieren müssen, begangen. Die veralteten oder mitunter gar nicht vorhandenen Sicherungen an vielen Wohnungstüren geben auch ihnen eine Gelegenheit. „Prenzlauer Berg ist mit den vielen Altbauwohnungen geradezu prädestiniert dafür“, sagt Polizeischüler Wagner. Eine Grundausstattung zur Sicherung der Wohnung kostet nach Einschätzungen eines Polizeiexperten rund 1000 Euro. „Man sollte sich aber unbedingt mehrere Angebote einholen, da die Preise auf dem Markt sehr differieren“, sagt er. Eine gute Türverriegelung liegt bei ungefähr 250 Euro. „Trotzdem sollte man auch bei einer professionellen Verriegelung niemals sofort den Türsummer betätigen, besser erst mal schauen, wer vor der Tür steht. Wer keinen Spion hat, sollte sich unbedingt nachträglich einen einbauen lassen.“ Die Polizei schätzt die Täter als besonders skrupellos oder wie bei Drogensüchtigen besonders verzweifelt ein. Viele Verbrechensopfer seien nach der Tat schwer traumatisiert und könnten oft erst durch einen Wohnungswechsel wieder Ruhe finden.

An der nächsten Wohnungstür hängt ein Zettel mit Werbung. „Hängen sie ihn besser gleich ab“, sagt Wagner. „Werbezettel können ein wichtiger Hinweis für Einbrecher sein. Wenn sie am nächsten Tag verschwunden sind, könnte das als Zeichen aufgefasst werden, dass jemand zu Hause ist.“ Er rät dem Anwohner, bei längerer Abwesenheit einem Nachbarn Bescheid zu sagen, Werbezettel abzunehmen oder die Rollos in der Wohnung zu bewegen.

Um 17 Uhr ist die Präventionstour der Polizeischüler zu Ende. Die meisten Anwohner waren zunächst ein bisschen skeptisch und verwundert, haben das Angebot aber dankbar angenommen. Nur die Uhrzeit wurde von vielen kritisiert und angeraten, die Tour nach Feierabend zu machen „Wir kennen das Problem, aber wir dürfen noch keine Überstunden machen“, sagt Polizeischüler Marcus Wagner. Die angehenden Polizisten sind müde vom vielen Treppensteigen. 257 Mieter in Prenzlauer Berg haben sie in vier Stunden besucht. „Die Beine sind ein bisschen schwer, aber wenn wir den Anwohnern helfen konnten, ist der Muskelkater morgen nebensächlich.“, sagt Wagner. Er freut sich auf den Feierabend.

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