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Berlin: Aufregung um Grabstein fürNazi-Führer Ruhestätte bisher anonym auf Invalidenfriedhof

Ilsebill Todt, 82 Jahre alt, will für ihren Vater kämpfen. Niemand soll ihn als Nazi beschimpfen dürfen.

Ilsebill Todt, 82 Jahre alt, will für ihren Vater kämpfen. Niemand soll ihn als Nazi beschimpfen dürfen. Und ein ordentliches Grab soll er kriegen, eines, das man sehen kann. Der Vater heißt Fritz Todt, er war Hitlers Rüstungsminister, SA-Führer und Gründer der berüchtigten „Organisation Todt“. „Ein strammer Nazi“, sagt der Historiker Laurenz Demps. Im Februar 1942 starb Todt bei einem Flugzeugabsturz. Sein Leichnam wurde auf dem Invalidenfriedhof in Mitte beerdigt.

Mehr als 60 Jahre später ist von Todts Grab nichts mehr zu sehen. Die Alliierten hatten es abräumen lassen. Seit einiger Zeit versucht Ilsebill Todt, die in ihrem Vater vor allem den Erbauer der Autobahnen sieht, einen neuen Grabstein aufzustellen. Das Bezirksamt Mitte, das Landesdenkmalamt und der Förderverein des Invalidenfriedhofs lehnten ihr Gesuch jedoch ab. Für bekennende Nazis soll es keinen Ort der Erinnerung geben, hieß es. Die Anwälte der Todt-Tochter drohten mit einem Gerichtsverfahren, das Bezirksamt gab jetzt nach zwei Jahren Widerstand auf.

Die Berliner Politik reagiert mit Befremden auf den Vorgang, über den wir gestern berichteten. Heidemarie Fischer, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, überkam beim Lesen „das kalte Entsetzen“, aber bei nüchterner Betrachtung kommt sie zum Schluss, die Sache besser „nicht hochzuspielen“. Alice Ströver von den Grünen findet das Ansinnen der Todt-Tochter „geschmacklos“. Wenn rechtlich nichts dagegen zu machen sei, müsse die Steinsetzung zumindest auf einer Info-Tafel kommentiert werden.

Völliges Unverständnis löst bei allen Beobachtern die Tatsache aus, dass der Hitler-Intimus Todt nach dem Krieg von den Amerikanern entnazifiziert wurde. Nach Aussage der Tochter handelte es sich um ein „Nachlassverfahren“, das von der Familie angestrengt worden war, um das Vermögen Todts vor der drohenden Enteignung zu retten. Historiker Demps bestätigt, dass es solche Verfahren gegeben hatte. Für Todt spreche, dass die Verbrechen der „Organisation Todt“ erst unter seinem Nachfolger, Albert Speer, geschahen.

Die Entnazifizierung Todts geschah auf einer anderen rechtlichen Grundlage. Vor einigen Jahren war ein Gedenkstein für das Grab von Hitlers Chefadjutanten, General Schmundt, genehmigt worden. Begründung: Schmundt sei entnazifiziert worden. Demps, der auch Mitglied im Förderverein Invalidenfriedhof ist, bezeichnet Schmundt als „honorigen Mann“. Ilsebill Todt sieht ihren Vater als mindestens ebenso honorig und pochte erfolgreich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Der Förderverein überlegt nun, gegen die Entscheidung des Bezirksamtes Mitte zu protestieren. „Das ist peinlich für den Bezirk Mitte“, sagt Demps. Er hätte es lieber auf einen Prozess ankommen lassen. Ähnlich äußert sich Andreas Nachama, Geschäftsführer der Stiftung Topographie des Terrors. Bezirksbürgermeister Joachim Zeller war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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