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Berlin: Aus Angst zu viel Geld bewilligt

Bewährungsstrafe für Mitarbeiter des Sozialamts

Ein ehemaliger Oberinspektor des Spandauer Sozialamts wurde gestern wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Außerdem muss er monatlich 400 Euro an das Bezirksamt Spandau zurückzahlen. Der mitangeklagte Hilfeempfänger Andreas Sch. erhielt wegen Anstiftung zur Veruntreuung von 27 600 Euro eine einjährige Freiheitsstrafe. Beide Strafen wurden zur dreijährigen Bewährung ausgesetzt.

Seit vier Monaten bemühte sich die 4. Große Strafkammer darum, die Motive von Torsten G. zu erhellen, der bis zu seiner Suspendierung im März 2003 insgesamt 245 000 Euro an von ihm betreute Hilfeempfänger zu Unrecht auszahlte. Von dem Geld soll er keinen Cent für sich behalten haben. „Es gab keine Anhaltspunkte für ungewöhnliche Transaktionen“, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung.

Torsten G. galt als netter, umgänglicher Kollege, der nach eigenen Aussagen Konflikten lieber aus dem Weg ging. Im August 2000 starb sein Vater, er pflegte seine an Krebs erkrankte Mutter. Deshalb empfand G. mit dem ebenfalls an Krebs erkrankten Andreas Sch. besonderes Mitleid und gewährte mehrfach Anträge auf Haushaltsgeräte, ohne deren Berechtigung zu prüfen.

Im August 2000 wurde auch ein ehemaliger Gastwirt bei dem 32-jährigen Beamten vorstellig. Von Anfang an verspürte G. nach seinen Angaben eine diffuse Angst vor dem vorbestraften 130-Kilo-Mann. Um ihn schnell wieder loszuwerden, bewilligte er alle gestellten Anträge. So zahlte G. ihm aus der Bezirkskasse die Kosten für Renovierung, Aus- und Fortbildung, Erb- und Steuerschulden, sogar Geldstrafen – insgesamt 123 000 Euro. Der Prozess gegen den Gastwirt wurde inzwischen abgetrennt.

Die Richterin kritisierte die mangelnde Kontrolle im Bezirksamt Spandau, die solche Taten erst ermöglichte. So wurde eine bereits 2000 gestellte anonyme Anzeige gegen den Sozialhilfeempfänger nicht kritisch genug gewertet, das Vier-Augen-Prinzip verkam bei den chronisch überlasteteten Sachbearbeitern zur Farce. UFK

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