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Schluss mit der Produktion. Für den Brandenburger Standort hat der US-Konzern First Solar extra neue Maschinen angeschafft.

© dpa/Patrick Pleul

Aus für Solarfirma: First-Solar-Chef bei Platzeck zum Rapport

Der Schock über den Verlust von 1200 Arbeitsplätzen bei First Solar in Frankfurt (Oder) sitzt tief. Die Konzernspitze musste der Landesregierung derweil das Aus für den Standort erklären. Das Ergebnis des Gesprächs war alles andere als hoffungsvoll.

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Wut, Unverständnis, Schuldzuweisungen, und erstes Krisenmanagement am Tag nach der Schock-Nachricht für Frankfurt: Brandenburgs Landesregierung und der US-Modulhersteller First Solar ringen gemeinsam um eine Lösung für die 1200 Mitarbeiter der beiden Solarfabriken in der strukturschwachen Oderstadt, wie First-Solar-Konzernchef Mike Ahearn und Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch nach einem Treffen in der Staatskanzlei ankündigten. Für die IG Metall ist das Vorgehen des US-Konzerns ein „Skandal“, der die Schließung überraschend zum 31. Oktober 2012 angekündigt hatte.

„Für uns ist das Wichtigste, was mit unseren Mitarbeitern wird“, betonte Manager Ahearn. Konkret geht es zunächst darum, „gemeinsam nach einem Investor für die nagelneuen Fabriken zu suchen“, sagte Platzeck. Sollte dies scheitern, werde sich First Solar an einer „Transfergesellschaft“ beteiligen, damit den 1200 Betroffenen eine Brücke in neue Jobs gebaut werden könne. Einen finanziellen Rettungsfonds des Landes, um die angeschlagene Solarindustrie im Land zu stützen und weitere Schließungen zu vermeiden, schließt die rot-rote Regierung aus. „So etwas kann ein Land nicht kompensieren“, sagte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke). Er verwies auf negative Erfahrungen in Sachsen-Anhalt, wo dies jüngst versucht worden war. „Nun sind die 50 Millionen Euro weg und die Firmen sind trotzdem pleite“.

Wie die First-Solar-Belegschaft und die Stadtverwaltung Frankfurts war auch Brandenburgs Regierung von der Entscheidung des US-Konzerns am Vortag überrumpelt worden. Der Beschluss war ohne jede Vorwarnung gefallen. Diesen Umgang „nach jahrelanger Zusammenarbeit“ kritisierte Regierungschef Platzeck gegenüber Ahearn scharf. „So geht es nicht.“ Es seien schließlich 1200 Menschen betroffen, die zum Teil wegen des Jobs erst dorthin gezogen seien. First Solar hatte seine zweite Solarfabrik in Frankfurt erst im November 2011 eröffnet. Für beide Werke hatte das Unternehmen insgesamt 47 Millionen Euro Fördermittel erhalten, davon 27 Millionen vom Land Brandenburg, die nun teilweise zurückgefordert werden.

CDU-Politiker beschuldigt das Unternehmen

Als Gründe, warum sich First Solar nun plötzlich zurückzieht, nannte Konzernchef Ahearn die zunehmende Billig-Konkurrenz aus China auf dem Weltmarkt für Solarmodule, aber auch ausdrücklich die von der Bundesregierung beschlossenen Kürzungen bei der Solarförderung in Deutschland. Dagegen sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen Schuld bei den Unternehmen selbst. „Fehlende Wettbewerbsfähigkeit kann nicht durch teure Dauersubventionierung korrigiert werden“, sagte er.

In Frankfurt weicht am Tag danach der Schock dem Ärger. Die Leute seien geknickt, wie gelähmt, die Belegschaft fühle sich an der Nase herumgeführt, berichtet Sven Hennig vom First-Solar-Betriebsrat. Für den heutigen Donnerstag ist eine erste Betriebsversammlung anberaumt. „Man muss immer Hoffnung haben, aber ich sehe definitiv schwarz.“ Die Unternehmenspolitik von First Solar sei nicht nachvollziehbar., „Man hätte gar kein zweites Werk aufmachen müssen.“ Der Betriebsrat zeigte sich skeptisch zu der geplanten Transfergesellschaft. „Ich halte das nicht für sinnvoll. Eine Region kann das nie auffangen.“ Für Peter Ernsdorf von der IG Metall Ostbrandenburg ist das Aus für First Solar in Frankfurt „ein sozial- und strukturpolitischer Skandal.“ Das Unternehmen habe erst alle Annehmlichkeiten wie staatliche Förderung und flexible Arbeitszeitmodelle in Anspruch genommen und ziehe sich jetzt einfach aus der Verantwortung zurück, sagte Ernsdorf, der von einem „Fördernomaden“ sprach.

In Frankfurt (Oder) beginnt man dennoch, sich auf einen Neuanfang einzustellen. „Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“, sagte Oberbürgermeister Martin Wilke (parteilos). Er sei zuversichtlich, dass ein neuer Investor gefunden wird. Die Situation sei „nicht vergleichbar mit der vor zehn Jahren.“ Damals war die dort geplante Chipfabrik gescheitert.

In der Landesregierung will eine von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) geführte Task Force nach weiteren Möglichkeiten suchen, um die Folgen zu mildern, etwa durch Stärkung des Logistik-Standortes oder auch der Universität Viadrina. Behördenansiedlungen in der Oderstadt sind bislang nicht geplant. Das Ringen um den Sitz des Landespolizeipräsidiums im Zuge der Polizeireform hatte Frankfurt 2011 verloren.

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