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Berlin: Aus Klinik entlassen, zu Hause verdurstet Arzt soll Tod einer Hilflosen verschuldet haben, weil Pflegedienst nicht informiert wurde

Die Vorwürfe gegen den Mediziner wiegen schwer. Er soll für den Tod einer 95-jährigen Patientin verantwortlich sein.

Die Vorwürfe gegen den Mediziner wiegen schwer. Er soll für den Tod einer 95-jährigen Patientin verantwortlich sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er als behandelnder Krankenhaus-Arzt deren Entlassung veranlasste, ohne Sozialstation oder Pflegedienst zu informieren. Die hochbetagte, allein gelassene Frau sei an Flüssigkeitsmangel in ihrer Wohnung gestorben. Im Nachhinein soll der Arzt die Krankenakte dahingehend manipuliert haben, dass häusliche Betreuung angeordnet war.

Der Fall sollte jetzt vor dem Amtsgericht Tiergarten aufgerollt werden. Doch der Prozess um fahrlässige Tötung und Urkundenfälschung wurde verschoben. Es seien weitere Ermittlungen erforderlich, teilte der Staatsanwalt mit. Dabei laufen sie bereits seit dem Tod der Patientin Anfang Dezember 2000. Zunächst soll es Verzögerungen gegeben haben, weil die Krankenunterlagen „unauffindbar“ waren. Im Oktober 2003 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 36-jährigen Arzt. Den Ermittlungen zufolge hatte die Hausärztin der Dame häusliche Betreuung vorbereitet. Sie soll einem Pflegedienst mitgeteilt haben, dass mit einer Entlassung der Frau aus der Klinik zu rechnen sei. Als der Pflegedienst schließlich im Krankenhaus anrief, hieß es: „Die Frau wurde schon vor einer Woche entlassen.“

Im Klinikum Neukölln, wo der Fall passiert sein soll, hat man den Ablauf anders rekonstruiert: Der Arzt habe der Hausärztin die Überweisung in ein Pflegeheim empfohlen, heißt es. Die Hausärztin habe aber häusliche Pflege vorbereiten wollen. Der Klinikarzt konnte den Entlassungstermin bei der Vorbesprechung mit der Kollegin nicht genau datieren, sondern sagte, man werde die Patientin in zwei, drei Tagen entlassen. Bereits am 1. Dezember sei sie von einer Krankentransportfirma nach Hause gebracht worden. Die Mitarbeiter vergaßen dabei, der Frau den Pieper, mit dem sie Hilfe hätte alarmieren können, umzuhängen. Am 8. Dezember habe die Hausärztin in der Klinik angerufen und mitgeteilt, die Frau sei in der Wohnung gestorben.

Seit Januar 2001 gehört das Krankenhaus zum landeseigenen Klinikkonzern Vivantes. Seit über einem Jahr gibt es in dessen neun Kliniken ein Entlassungsmanagement. Laut Berufsordnung ist der behandelnde Arzt auch für die sich der Behandlung anschließende Betreuung verantwortlich. So heißt es, der Mediziner habe „rechtzeitig den Patienten an andere Ärzte zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen“. „Die Pflegekräfte auf den Stationen koordinieren die Entlassungsvorbereitung und die dann folgende Behandlung besonders bei pflegebedürftigen oder hochbetagten Patienten“, sagt Vivantes-Sprecherin Fina Geschonneck. Die Mitarbeiter stellten auch den Kontakt zwischen den Krankenhausärzten und einem Sozialdienst sowie dem Hausarzt her. Zu dem Fall nimmt Vivantes keine Stellung – „wegen der laufenden Ermittlungen.“

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