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Glasklare Seen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ausflugstipp für Brandenburg: Templin, Kleinod der Uckermark, hat viel zu bieten

Die Bürgerstadt Templin gilt als Kleinod der Uckermark. Sie dürfte ruhig selbstbewusster sein, findet unser Autor. Dort gibt es Geschichte zu entdecken und Cafés mit wohlschmeckenden Torten. Und überall Möglichkeiten, baden zu gehen.

Templin und seine 16 250 Einwohner sonnen sich in Bescheidenheit. In der Touristeninfo im kleinen barocken Rathaus kommen die diensthabenden Damen nach einer kurzen Stadtmauer-Preisung gleich aufs Schloss Boitzenburg zu sprechen, „nur 20 Kilometer von hier, sehr schön“. Aber man sei doch gekommen, um die „Perle der Uckermark“ zu bewundern. Da müsse es doch mehr geben als die raue Schale der wehrhaften Feldsteinmauer aus dem 14 Jahrhundert. Die Dame überlegt. Die Magdalenenkirche, das Stadtmuseum im Prenzlauer Tor und dann eine Wanderung auf der „Kurmeile“ zur Hauptattraktion der Gegend, der im Jahr 2000 eröffneten Naturtherme. „Da kann man wunderschön baden ...“

Irgendwie fehlt Templin noch das Selbstbewusstsein einer geschichtsreichen Bürgerstadt. Angela Merkel, die berühmteste Templinerin, hat schließlich auch ein paar Jahre gebraucht, um sich vom Mauerblümchen mit Einserabitur zur „mächtigsten Frau der Welt“ („Time-Magazin“) zu entwickeln. Aber nirgends kleben Angie-Fanposter an den Wänden, keine Merkel-Makronen in der Bäckervitrine, Werbung mit dem Kanzlerinnenbonus ist offensichtlich verpönt. Das immerhin ehrt die Templiner.

Also tauche ich auf eigene Faust nach der Perle. Ich mache den Templin-Ausflug ohne Kinder, aber mit Auto, was sich als richtig erweist, denn der Bahnhof liegt etwas außerhalb. Intra muros fehlt es an kindgerechten Attraktionen, extra muros locken vor allem eine Kartbahn (Templiner Ring) und die Westernstadt (Eldorado am Röddelinsee). Erster Eindruck: Es ist sauber hier, kein Graffiti, keine Kaugummis, keine Kippen, kein erkennbarer Vandalismus, für einen Berliner die pure Erholung.

Beeindruckend sind vor allem die mächtigen Mauern

Die Parkplätze am Markt bieten zwei Stunden kostenlosen Aufenthalt. Das reicht für die Magdalenenkirche samt Turmbesteigung. Die Kirche hat eine hölzerne Galerie und einen die Stadt überragenden Turm. Der Aufstieg wirkt etwas improvisiert, die steilen Stiegen sind versetzt und durchqueren die Balkenkonstruktion in spielerischer Weise, als hätten die Erbauer ursprünglich ein Baumhaus geplant. Ein Fahrradhelm als Kopfschutz leistet gute Dienste. Es riecht modrig, nach feuchtem Korn.

Perfekter Tag.
Perfekter Tag.

© Kitty Kleist-Heinrich

Beeindruckend sind vor allem die mächtigen Mauern, deren Quermaß in großen Lichtschächten erkennbar wird. An der Glocke vorbei geht es auf eine Außenterrasse mit Rundumpanorama. Allerdings ist der Blick von oben auf die Altstadtdächer etwas ernüchternd. Es zeigt sich, dass viele Häuser neueren Datums sind. Templin wurde im Zweiten Weltkrieg zu zwei Dritteln zerstört. Der Aufstieg lohnt sich trotzdem wegen der in Grün und Blau strahlenden Uckermark. Öffnungszeiten beachten: Zuletzt war der Turm von 10 bis 12 und 13 bis 16 Uhr gegen ein geringes Entgelt zu betreten.

Nach dem Stufenwirrwarr plus Höhenbrise sollte man sich etwas Erholung gönnen. Für den Mittagshunger setze ich mich in die „Flammerie Templino“ in den Altstadtpassagen in der Pestalozzistraße, am nordöstlichen Marktrand. Der elsässische Flammkuchen ist absolut reichhaltig und lecker, von gleicher Qualität ist das Kaffeesortiment. Templin entpuppt sich bei näherer Begutachtung als distinguiertes Kaffeebohnenparadies. In den Cafés am Markt gibt es eine enorme Bandbreite an Kreationen, vom Kännchen bis zur selbst gemahlenen Hausmarke „Diplomat“ (mit Eierlikör und Sahnehaube). Statt Croissants gibt es beim Traditionsbäcker in x-ter Generation vom „Marktcafé Kolberg“ märkische Hörnchen.

Noch kultivierter präsentiert sich das „Altstadtcafé“ an der Südwestecke des Marktes. Eine stolze Kaffeekannensammlung – helles Porzellan auf tiefdunklen Holzanrichten – bedient die Gewissheit, dass in diesen Räumen nur die besten Bohnen zum Ausschank kommen. Das Altstadtcafé setzt auf die geheimen Zubereitungsmethoden der „Privatrösterei Lychen“, während die Flammerie Templino der „Himmelpforter Kaffeerösterei“ vertraut. Die Kombination aus Elefantencafé (Amarula Wildfruchtlikör, Crèmelikör, Kaffee, Sahne, Schokoblättchen) und Nuss-Eierlikör-Torte, zu ordern im Altstadtcafé, garantiert eine lange währende Erinnerung an den Templin-Trip.

Märchenhaftes Ensemble aus Reethäusern

Nun ist Bewegung geboten, um die Gehirnzellen wieder auf Trab zu bringen. Ich beschließe, den Stadtmauerrundweg am Berliner Tor zu beginnen, von innen betrachtet nach links. Gleich nach wenigen Metern öffnet sich eine Gartenoase, die zur Schmetterlingsbeobachtung einlädt. 1,735 Kilometer lang ist die Mauer, das ist zu schaffen. Die Natursteine wirken wie frisch gesetzt, eine undurchdringliche Barriere zwischen drinnen und draußen. Herausragend – im wörtlichen Sinne – sind die so genannten Wieckhäuser, halbrunde Wehrtürme, geschaffen, um den Feind vor den Mauern beschießen zu können. Die Templiner Stadtmauer besitzt nämlich keinen klassischen Wehrgang auf ihren Zinnen. Am Prenzlauer Tor bietet sich dem Wanderer ein schöner Schattenplatz unter Platanen. Hier ist ein Asby-Diabas eingemauert, ein magnetischer Stein mit hohem Anteil an Eisenerz.

Die Diabas-Steine sind 1200 Millionen Jahre alt und per Gletschertransport aus Norwegen in die Uckermark eingewandert. Etwas später auf dem Rundgang, an der Pestalozzistraße, lohnt sich ein Abstecher zum Stadthafen. Auf dem Weg rechts ist ein märchenhaftes Ensemble aus Reethäusern zu entdecken, leider in Privatbesitz. Hier beginnt der Templiner Kanal, der Röddelinsee und Templiner See verbindet. Für einen wasserseitigen Spaziergang eignet sich der Abschnitt „Am Kanalwall“, der am nordwestlich gelegenen Mühlentor beginnt.

Essen und Trinken.
Essen und Trinken.

© Kitty Kleist-Heinrich

Auf der Straße Richtung Prenzlau fällt auf der linken Seite eine schlossartige, ocker getünchte Gebäudeanlage ins Auge, das ehemalige, sehr berühmte Joachimsthaler Gymnasium, das seit 1996 dem Verfall preisgegeben ist. Das Gymnasium, 1607 vom Kurfürsten Joachim Friedrich in Joachimsthal gegründet, wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Lehrer und Schüler retteten sich nach Berlin, kamen im fürstlichen Stadtschloss unter und zogen in den folgenden Jahrhunderten mehrmals innerhalb Berlins um. 1912 bot sich schließlich die Stadt Templin an, das Gymnasium aufzunehmen, und bot dafür ein attraktives Seegrundstück mit eigenem Bootshaus und Schwimmbad an.

Ein perfektes Badeerlebnis

Es entstanden großzügig angelegte Schulbauten. Berühmte Schüler: Friedrich von Bodelschwingh (Stiftung Bethel) und Karl Ploetz (Ploetz – historische Nachschlagewerke). Das Gymnasium wurde im Krieg leicht beschädigt, die DDR war an Tradition nicht interessiert und machte das Haus zu einem Institut für Lehrerfortbildung. Ab 1993 wurde es erneut als Schule genutzt, aber nur drei Jahre lang, dann begann der Leerstand. Hier ließe sich eine neue Perle züchten, vielleicht mit den Mitteln der Kunst oder als hochklassiges Hotel.

Am Stadtsee ist „Baden verboten“, erlaubt ist es im Templiner Strandbad, das etwa einen Kilometer östlich Richtung Prenzlau am Templiner See liegt. Das Strandbad ist okay, aber mit Grünstrand und Bootsverleih keine besondere Attraktion. Empfehlenswert dagegen das Strandbad am Lübbesee, mit Auto, Fahrrad oder Bus zu erreichen. Das Naturbad punktet mit echtem Sand, Barbetrieb, reetgedeckten Sonnenschirmen und hölzernen Liegen. Das eigentliche Ereignis ist allerdings das Wasser, „glasklar“, wie es auf der Information des nahe gelegenen Seehotels nur leicht übertrieben heißt.

Ein perfektes Badeerlebnis, zumal auch den Augen ein spektakuläres Dreifarbenpanorama geboten wird: tiefblau (Himmel), dunkelgrün (Uferwaldstreifen), hellblau (Wasser). Das Strandbad gehört zum Ahorn Seehotel Templin, ist aber unbeschränkt auch von externen Gästen nutzbar. Liegen und Schirme gibt es gegen eine Leihgebühr. Das Hotel selbst ist eine dunkelgraue Bettenburg aus DDR-Tagen, die aber weiter landeinwärts liegt.

Alle Badeseen der Templiner Umgebung haben eine exzellente Wassergüte, die der Wannsee niemals erreichen wird. Die meisten Badestellen der Ortsteile und Dörfer bestehen aus Wiesen mit Parkplatz, Anlegesteg und Mülleimer. Wer es rural mag, ist dort gut aufgehoben.

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