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Bausenator Andreas Geisel verzichtet auf die vorgeschriebenen Wohnungen am Leipziger Platz, damit es dort nicht beim „Status Quo eines Werbeplakats“ bleibt.

© picture alliance / dpa

Ausnahme für Neubau am Leipziger Platz: Berlins Bürobausenator

Andreas Geisel soll die Genehmigung für einen Investor, keine Wohnungen am Leipziger Platz bauen zu müssen, zurücknehmen. Das fordern Grüne und CDU.

Die Fraktionschefin der Grünen Antje Kapek hat Bausenator Andreas Geisel aufgefordert, „die Befreiung vom Bebauungsplan am Leipziger Platz 18 zugunsten von luxemburgischen Investoren rückgängig zu machen". Die Senatsverwaltung für Bauen habe bei ihrer Entscheidung „keine stichhaltige Begründung für die Einräumung dieses Sonderrechts" vorgelegt. Eine Befreiung dürfe laut Baugesetzbuch nur erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt sind, „und am Leipziger Platz ist der 20-prozentige Anteil von Wohnungen auf jedem Grundstück ein Grundsatz des Bebauungsplans“.

Auch der stellvertretende Chef der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Stefan Evers sagt: „Selbstverständlich müssen nun alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit doch noch die Wohnungen am Leipziger Platz entstehen“. Falls Geisels „unsägliche“ Entscheidung noch keine Rechtskraft erlangt habe, „sollte sie auf jeden Fall zurückgenommen werden“. Falls dies doch der Fall sei, müssten Möglichkeiten gefunden werden, die Sache zu korrigieren.

Es gilt "Ober sticht Unter"

Klar ist allerdings, dass Geisel dem Bezirk seine umstrittene Entscheidung erst mal aufgezwungen hat. Die Fachleute von Mittes Stadtplanungsamt hatten die Befreiung vom Bebauungsplan abgelehnt, um die der Investor in einer Bauvoranfrage gebeten hatte. Der Investor legte daraufhin Widerspruch ein, über den Geisels Verwaltung entschied – zugunsten des Bauherrn. Nun gilt: „Ober sticht Unter“, sagt Mittes Bezirksstadtrat Carsten Spallek – seine Verwaltung könne und dürfe nicht Geisels Entscheidung zuwider handeln. „Sollte ein Bauantrag kommen, der keine Wohnungen vorsieht, müssten wir diesen auch genehmigen.“

Spallek und die Stadtplanungsbeamten des Bezirks sind also gezwungen, eine Entscheidung wider ihres Willens umzusetzen. Der Bezirksbaustadtrat bleibt dabei: „Nach unserer Einschätzung darf eine Behörde die Befreiung von einem Bebauungsplan nur dann erteilen, wenn dabei die Grundzüge der Planung nicht aufgegeben werden. Am Leipziger Platz wird mit der Befreiung das Leitbild der Planung aufgegeben.“ Der Bau eines gemischten Quartiers mit Wohnungen sei die Grundlage der Planung am Leipziger Platz. „Um davon rechtssicher abweichen zu können, wäre eine Anpassung des Bebauungsplans notwendig gewesen“, sagt Spallek. Ein solcher Schritt hätte den Senat aber in noch größere Erklärungsnöte gebracht, weil die ganze Baupolitik von Berlin auf die Schaffung dringend benötigten Wohnraums zielt.

Auch Hans Stimmann kritisiert Geisel

Diese Einschätzung deckt sich mit Aussagen des früheren, für den Bebauungsplan mitverantwortlichen Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD): Er nennt die Durchsetzung eines Anteils von Wohnungen in allen Neubauten am Leipziger und Potsdamer Platz Ergebnis „einer der größten politischen und architektonischen Auseinandersetzungen nach der Wiedervereinigung“. Der Senat habe den Investoren die Wohnungen abgetrotzt, damit eine gemischt genutzte Innenstadt entsteht, in der auch nach Büroschluss noch Menschen sind.

Bei der Senatsbauverwaltung hieß es, der formelle Bescheid sei „am 17. März 2016 dem Bezirk Mitte zugestellt worden. Dieser muss nun den Antrag auf Befreiung erteilen“. Die Befreiung sei „städtebaulich vertretbar“, weil somit „der städtebaulich unzumutbare Zustand einer Großwerbeplane beendet“ werde. Geisel sagte, „dass die Ziele des Bebauungsplanes mit den Lärmschutzanforderungen der individuellen Baugenehmigung kollidieren, mit der gesunde Wohn- und Lebensverhältnisse für die Wohnungen durchsetzt werden müssen“. Bauexperten bestreiten das. Mieter der Wohnungen am Platz direkt vis-à-vis der Brache äußern sich hochzufrieden über ihre Lebensverhältnisse.

Berater des Investors ist Ex-Bausenator Peter Strieder. Er betrieb die Befreiung beim Bezirk. Strieder und Geisel sind SPD-Mitglieder. Eine Einflussnahme bestreitet Geisel.

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