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Berlin: Aussage der Polizisten: "Jugendliche wollten Selbstjustiz üben"

Es könnte eine entscheidende Aussage im "Hetzjagd-Prozess" gewesen sein: Die Vernehmung eines Polizeiobermeisters aus Guben zu der Nacht vom 12. zum 13.

Von Frank Jansen

Es könnte eine entscheidende Aussage im "Hetzjagd-Prozess" gewesen sein: Die Vernehmung eines Polizeiobermeisters aus Guben zu der Nacht vom 12. zum 13. Februar, in der Farid Guendoul alias Omar Ben Noui ums Leben kam, hat die Kernthese der meisten Verteidiger erschüttert, es habe keine fremdenfeindliche Hetzjagd gegeben. Vor dem Landgericht Cottbus berichtete der Beamte am frühen Dienstagabend, eine Gruppe Jugendlicher habe Selbstjustiz gegenüber Ausländern üben wollen. Der Polizist betonte zudem in seiner mehrstündigen Aussage, einige Angeklagte seien früher schon durch Straftaten aufgefallen. Welches Gewicht auch die Verteidiger den Angaben des Beamten beimaßen, zeigte der unübliche Antrag eines Anwalts auf Vereidigung des Zeugen. Diese fand dann auch statt.

An drei Brennpunkten traf der stellvertretende Wachdienstführer in jener Nacht auf die Gruppe junger Männer. Diese habe sich "gegenseitig aufgeheizt". Allerdings konnte der Beamte nur teilweise Angeklagte dem Geschehen an den drei Einsatzorten zuordnen. Die Eskalation setzte, so der Beamte, an der Diskothek "Dance Club" ein. Der mit einer Kollegin Streife fahrende Polizist traf dort auf die Clique, die erregt vom Angriff eines Schwarzen berichtete. Zwei der Angeklagten hätten sogar Narben auf den kahlrasierten Köpfen vorgezeigt, sagte der Beamte. Doch habe er erkennen können, dass die Narben schon verkrustet waren, also nicht von Verletzungen an diesem Abend stammen konnten. Der szenekundige Beamte ahnte, was passieren würde: "Für mich stand fest, dass die sich irgendwo einen Ausländer greifen, um ihre Wut abzureagieren."

Später musste sich der Polizist zu einem Hochhaus begeben. Die Clique behauptete, in einer Wohnung liege ein Bekannter, den der Schwarze "aufgeschlitzt" habe. Dort befand sich ein Skin mit Schnittwunden. Der Clique sei das Erscheinen der Polizei nicht recht gewesen, meinte der Beamte. Ihm wurde gesagt, "das machen wir selbst".

Dritter Einsatzort war ein Bistro. Dorthin hatte sich ein afrikanischer Begleiter von Farid Guendoul geflüchtet - nachdem dieser von der Clique als der vermeintliche schwarze Angreifer verfolgt worden und im Treppenhaus eines Plattenbaus verblutet war. Vor dem Lokal habe die Meute gestanden; nur mit Mühe sei es ihm gelungen, den verängstigten Afrikaner heraus zu holen und zur Wache zu bringen, sagte der Polizist. Einige junge Männer hätten dann sogar versucht, in die Wache zu gelangen.

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