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Berlin: Außen hui

Jetzt geht es richtig los mit den Arbeiten an der Akademie der Künste: Handwerker beseitigen erste Baumängel

„Es wird das schönste Büro am Pariser Platz“, sagt Michael Réthy. Der Bauleiter steht im vierten Stock des Glashauses der künftigen Akademie der Künste. Das Präsidentenbüro bietet einen Ausblick im Breitleinwandformat. Die Glashülle des Neubaus ist fast fertig, auf der Dachterrasse hat sie noch eine Lücke. Rund 50 Arbeiter sind mit dem Innenausbau beschäftigt. Die Verzögerungen nach zweimonatigem Baustopp im letzten Jahr müssen aufgeholt werden.

Die Senatsbaubehörde will die Akademie neben dem Hotel Adlon möglichst noch 2004 fertig stellen. „Es gibt keine neue Kostenschätzung“, versicherte die Verwaltung gestern vor dem parlamentarischen Hauptausschuss. Ausschreibungen seien noch im Gange. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass die bisher kalkulierten 47 Millionen Euro vermutlich deutlich überschritten werden.

Eigentlich war die Eröffnung schon Ende Februar 2002 geplant. Immerhin begann der Bau vor vier Jahren. Aber mehrmals wurden Termine verschoben. Bauleiter Réthy hofft, dass im November alles fertig ist. Die Akademie selbst aber glaubt nicht, dass dieser Termin wirklich gehalten werden kann.

Wirkt das von Günter Behnisch entworfene Haus von außen fast fertig, so herrscht im Inneren noch ein Gewirr aus Gerüsten, heraushängenden Kabeln und nacktem Beton. Deutlich zu sehen ist die breite Passage, die das Haus vom Pariser Platz bis zum Adlon-Palais an der Behrenstraße durchzieht. Fertig restauriert – mit allen Kriegsschäden – ist der einstige „Kaisersaal“, der später zum öffentlichen Bereich, zum Eingangstor für die Ausstellungsräume wird. Sie gehören zu den Resten der alten Akademie, die der Neubau wie ein Aquarium umschließt. Zu ahnen ist der künftige Lesesaal im ersten Stock, fertig sind in der oberen Etage erste Büroräume, in denen sogar schon geheizt wird. Fertig sind im Keller die Archivräume, die im vergangenen Jahr von Schimmel befallen waren, weil Grundwasser durch die Wände sickerte.

Das letzte Jahr war ein Tiefpunkt für das Projekt. Der Rechnungshof hatte der Bauverwaltung vorgeworfen, bei Planung, Bausteuerung und Kontrolle versagt zu haben. Mit dem beauftragen Generalunternehmer sei ein ungeeigneter Pauschalvertrag geschlossen worden, der Preis von 38,85 Millionen Euro völlig unrealistisch gewesen. Die Verwaltung selbst sprach von „grottenschlechten Verträgen“, die allerdings der vorherige Senat zu verantworten habe.

Auf der Baustelle hatte die Firma Pegel und Sohn das Sagen, sie verlangte 14 Millionen Euro mehr, und als sie sich mit der Bauherrengesellschaft „Lindo“ und dem Senat nicht über eine Bürgschaft von 22 Millionen Euro einigen konnte, wurde der Vertrag gekündigt. Im Verlauf der Rechtsstreitigkeiten meldete der Traditionsbetrieb Insolvenz an.

Die Arbeiten wurden eingestellt, dann übernahm die Senatsbehörde die Regie auf der Baustelle, bislang hatte sie nur die „Oberaufsicht“. Sie beschäftigte Subunternehmen weiter und kündigte nach einer erneuten Kalkulation zum Jahresende an, dass der Bau neun Millionen Euro teurer werde. Dabei wird es nicht bleiben. „Die eigentliche Bautätigkeit geht jetzt richtig los“, sagt Bauleiter Réthy. Man müsse zahlreiche Mängel beseitigen, Folgen von „schlechter Bauausführung“. Das Schönste am Haus ist bisher nur der Blick von oben.

Christian van Lessen

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