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Berlin: Außer Kontrolle

Das Lkw-Durchfahrverbot in der Silbersteinstraße lässt sich kaum überwachen, sagt die Polizei. Bezirk überprüft Beschilderung

Nach rund sechs Wochen wird das Lkw-Durchfahrverbot in der Neuköllner Silbersteinstraße noch immer missachtet. Damit hat sich in der ersten Berliner Straße, die wegen zu hoher Feinstaubwerte in der Luft für den Schwerlastverkehr gesperrt wurde, bislang wenig verändert. Da Anlieger ohnehin von der Regelung ausgenommen sind, ist eine Überwachung durch die Polizei schwierig. Die beteiligten Behörden schieben sich jetzt gegenseitig die Verantwortung zu.

„Wir haben die Anordnung getroffen, jetzt hoffen wir auf deren Durchsetzung“, sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Monika Damiakis. Der politische Wille, die Anwohner zu entlasten, sei klar bekundet worden – dass die erwünschten Resultate an der Silbersteinstraße noch nicht sichtbar seien, sehe man „sehr kritisch“. Für die Ausführung sei aber ausschließlich der Bezirk Neukölln zuständig, heißt es in der Senatsverwaltung. Bisher sehe man jedoch keinen Anlass, Druck auf die Neuköllner Behörden auszuüben. „So wie wir es sehen, macht das der Bezirk in unserem Sinne“.

Der Bezirk habe die Anordnung der Senatsverwaltung erhalten und die entsprechenden Verkehrszeichen aufgestellt, betont Neuköllns Baustadträtin Stefanie Vogelsang. Über das Tiefbauamt habe sie in der vergangenen Woche bei der Polizei noch einmal auf eine verstärkte Überwachung gedrängt. Die Beamten kontrollieren das Fahrverbot im Rahmen ihrer normalen Streifentätigkeit, so der Leiter des zuständigen Polizeiabschnitts 55, Martin John. Besondere Schwerpunkt-Kontrollen gebe es aber nicht in der Silbersteinstraße. Ohnehin sei es schwierig, einem Lkw-Fahrer nachzuweisen, dass er das Durchfahrverbot missachtet hat, heißt es bei der Polizei. Denn der Anlieger- und Lieferverkehr ist weiterhin auch mit Lkw erlaubt. Die Polizei müsste also die betreffenden Lastwagen verfolgen oder Kontrollpunkte einrichten, um die Verstöße nachzuweisen. Nur in solchen Fällen kann ein Verwarnungsgeld kassiert werden, der Richtwert liegt bei 15 Euro.

Aus Sicht der Polizei gibt es noch Gesprächsbedarf mit dem Bezirksamt. Denn noch bestehen Schlupflöcher, sind nicht in jeder Nebenstraße entsprechende Schilder aufgestellt, sagt der Kriminaloberrat. Damit ist nicht klar, ob ein Lkw-Fahrer von dem Verbot gewusst hat. Aber auch die Tatsache, dass Anlieger von der Sperrung ausgenommen sind, erlaubt zahlreiche Ausnahmebegründungen. Die „gefühlsmäßige Tendenz“ bei den Lkw-Fahrern, die Silbersteinstraße zu nutzen, sei nach wie vor vorhanden, so John.

Baustadträtin Vogelsang kündigte an, die Beschilderung noch einmal vom Tiefbauamt auf Vollständigkeit überprüfen zu lassen. Fehler bei der Installation kann sie sich aber nicht vorstellen. Das Hauptproblem bei der Überwachung sieht sie in der unzureichenden Personalausstattung der Polizei. Das gelte generell auch für Tempo-30-Zonen und sonstige Verkehrsbeschränkungen. „Wenn man will, dass wohlgemeint angeordnete Dinge auch wirklich durchgesetzt werden, muss man auch dafür sorgen, dass genügend Polizisten auf der Straße sind.“

Im Rahmen der Diskussion um die neue Feinstaub-Verordnung der EU hatte die Senatsverwaltung wegen der besonders hohen Schadstoffwerte das Durchfahrtsverbot erlassen. Obwohl das Lkw-Aufkommen seit der Verlängerung der Stadtautobahn deutlich zurückgegangen ist, hat die Belastung der Silbersteinstraße mit Ruß und Stickoxyd kontinuierlich zugenommen. Da die Autobahn als leistungsfähige Alternative außerhalb von Wohngebieten zur Verfügung steht, verspricht sich die Behörde von dem ganztägigen Durchfahrtsverbot für Lkw über 3,5 Tonnen eine Reduzierung der Umweltbelastung.

Rainer W. During

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