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Eine Baureihe 50 fährt 1975 auf dem Ring. Vom S-Bahnsteig Prenzlauer Allee schauen Vater und Kind zu.

© Burkhard Wollny

Ausstellung mit 57 Werken: Berliner Technikmuseum zeigt Fotos vom Eisenbahn-Alltag in der DDR

Seit 60 Jahren fotografiert Burkhard Wollny Eisenbahnen. In der DDR geriet er dafür ins Visier der Stasi. Nun werden seine Bilder ausgestellt.

Schon als Zehnjähriger ging er mit seinem Opa Züge und Loks gucken. Das war vor 62 Jahren. Seitdem fotografiert Burkhard Wollny. Als Kind zu Hause in Stuttgart, später in der DDR und in Berlin. In über sechs Jahrzehnten entstanden 100.000 Schwarzweißfotos und 96.000 Dias. In unzähligen Eisenbahnbüchern sind sie abgedruckt.

Das Deutsche Technikmuseum in Berlin zeigt ab Freitag 57 seiner Fotografien in der Sonderausstellung „Alltag an Schienen. Fotografien aus der DDR“. Wobei das nicht ganz präzise ist, Wollny fotografierte auch in West-Berlin, etwa die junge Frau, die 1976 in der Fernbahnhalle des Bahnhofs Zoo hockt und eine Landkarte studiert. Oder Dampfloks, die auf dem Ring unterwegs sind.

In West-Berlin fuhr ja auch die DDR-Reichsbahn – und die hatte es dem Stuttgarter angetan. Bei der Bundesbahn war 1977 Schluss mit Dampfbetrieb, echte Fans zog es ab da in den Osten. Dort dampfte es noch bis 1988. Um leichter in die DDR reinzukommen, organisierte sich Wollny schon 1975, da war er 25, einen „behelfsmäßigen Personalausweis“ für West-Berliner.

Nach dem Berlin-Abkommen von 1971 erhielt er damit Tagesvisa für die Einreise in die DDR. Regelmäßig zog es den Hobby-Fotografen ins Erzgebirge, das Thüringer Bergland und in die Lausitz.

„Wollnys Bilder schwanken zwischen nostalgischer Eisenbahnromantik und der Alltagsnormalität eines Landes, das verzweifelt versuchte, mit der Moderne Schritt zu halten, durch Ressourcenknappheit und wirtschaftliche Mängel aber vielfach im Gestern verharren musste“, heißt es im Begleittext zur Ausstellung.

Der Osten war Bahnland geblieben

Der Osten hatte neben den Dampfloks noch einen Vorteil: Deutschland (West) war Autonation geworden, Deutschland (Ost) Bahnland geblieben.

7Eine Frau studiert 1976 eine Landkarte am Zoo.
7Eine Frau studiert 1976 eine Landkarte am Zoo.

© Burkhard Wollny

Auch wenn Wollny als junger Mann mit einer „Praktika“-Spiegelreflexkamera aus DDR-Produktion fotografierte, fiel er natürlich auf. Und zwar der Staatssicherheit, die beschattete ihn und fertigte über 900 engbeschriebene Aktenseiten an. Dabei hatte es der Mann aus dem Westen auf Dampfloks abgesehen und nicht auf Militärtransporte.

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Wollny hat aus diesem Aspekt ein Buch gemacht, der Titel sagt alles: „Geheimsache Reichsbahndampf: Die Stasi-Akte ,Fotograf’“. Erst 1980 merkte die Stasi, dass Wollny wirklich nur Lokomotiven fotografierte, „der direkte Nachweis einer Feindtätigkeit konnte nicht erbracht werden“, hieß es.

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Mit dem Berliner SPD-Abgeordneten (und bekennenden Bahnfan) Sven Heinemann hat Wollny 2018 auch ein dickes Buch herausgegeben über den „Mythos Ostkreuz. Die Geschichte des legendären Eisenbahnknotens“. Wollny besitzt ein Archiv mit über tausend Dias und Fotos allein vom Ostkreuz.

Natürlich war Heinemann am Donnerstag ins Technikmuseum zur Eröffnung der Ausstellung gekommen und lobte die Fotos. Laut Museum ist die Schau ein „Beitrag zum Jubiläum von 30 Jahren friedlicher Revolution und Wiedervereinigung“. Die 57 Fotos sind bis 19. Februar 2023 zu sehen.

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