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Nasen

© ddp

Ausstellung: Tinky-Winky und die 49 Nasen

Im Jüdischen Museum in Berlin öffnet heute die neue Ausstellung über „Klischees von Juden und Anderen“. Exponate sollen von festgefahren Meinungen und Vorstellungen von Minderheiten erzählen.

Tinky-Winky hat es ins Jüdische Museum geschafft. Ganz allein steht die lilafarbene Figur aus der britischen Kinderserie „Teletubbies“, die nie ohne ihre rote Handtasche auftritt, in einer großen Glasvitrine. An der Wand gegenüber hängen zwei Bildschirme, auf denen Ausschnitte aus Billy Wilders „Manche mögen’s heiß“ und Veit Harlans Film „Anders als du und ich“ laufen.

Für die Ausstellung „typisch! Klischees von Juden und Anderen“, haben das Wiener und das Berliner Jüdische Museum rund 200 Exponate zusammengestellt, die – beabsichtigt und unbeabsichtigt – von den festgefahrenen Meinungen oder Vorstellungen über Minderheiten erzählen. Die Vitrine mit Tinky-Winky, dem polnische Politiker vor einigen Jahren eine homosexuelle Neigung unterstellten, ist eines von drei Objekten, die von den Klischees über Schwule erzählen.

Klischees helfen bei der Orientierung

Insgesamt wurden für die Ausstellung, die ab heute für Besucher geöffnet ist, 25 Mal drei Bilder, Nippesfiguren, Filme, Kunstwerke und andere Objekte zu sogenannten Triptychen zusammengestellt. „Zwischen diesen drei Objekte soll ein Dialog entstehen, in den die Besucher mit eintreten können“, sagt Cilly Kugelmann, die Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin. Thematisch geht es bei diesen Triptychen unter anderem um Vorstellungen über Sinti und Roma, Afrikaner, Indianer, Japaner und Kommunisten.

In der Dreierkonstellation zum Thema Islam wird vom „Hatschi Bratschi“ erzählt, einem bösen türkischen Zauberer, der die Hauptfigur in einem der bekanntesten österreichischen Kinderbücher ist. Das Buch erschien erstmals 1904, in späteren Jahren wurde es der politischen Situation in Text und Bild angepasst.

Kleinskulpturen von Franz Xaver Bergmann und ein Foto der iranischen Künstlerin Shirin Neshat, auf dem eine verschleierte Frau mit einer Waffe zu sehen ist, vervollständigen das Triptychon.

Kurator Thorsten Beck hält Klischees nicht grundsätzlich für schlecht. „Vereinfachungen helfen uns bei der Orientierung im Alltag“, sagt er. Ziel der Ausstellung sei es jedoch, jenen Punkt zu finden, an dem festgefahrene Vorstellungen umkippten und sich in Rassismus und Diskriminierung verwandelten.

49 jüdische Nasen

Was die Klischees über Juden angeht, kommt man auch in der Ausstellung an einem Symbol nicht vorbei: der vermeintlich so ausgeprägten Nase, die aus vielen der Triptychen herausragt, zum Beispiel in Form von Spazierstöcken: Ende des neunzehnten Jahrhunderts gingen viele Wiener mit Spazierstöcken auf die Straße, an deren Griff das Gesicht und die Nase eines Juden nachgebildet war. Nasen sind auch das Thema des amerikanischen Künstlers Dennis Kardon: Vor mehr als zehn Jahren hat er damit begonnen, die Nasen seiner jüdischen Freunde und Verwandten abzubilden – die, wie sie im Jüdischen Museum eine neben der anderen aus einer weißen Wand herausragen, alle völlig unterschiedlich aussehen. „Ich wollte mit meinen 49 Nasen das Stereotyp ad absurdum führen“, sagt Kardon: „Das Einzige, was diese Nasen gemeinsam haben, ist, dass ihre Träger alle Juden sind.“

Die Ausstellung im Jüdischen Museum in der Kreuzberger Lindenstraße 9–14 läuft bis 3. August und ist montags von 10 bis 22 Uhr und dienstags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr geöffnet.

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