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White Cube im Zwinger. Wo vor Jahren Bären Besucher anlockten, sollen Ausstellungen für neues Leben sorgen.

© imago stock&people

Ausstellungsort Bärenzwinger: Bitte nicht die Kunst füttern

Der alte Bärenzwinger in Mitte soll bald ein Ausstellungsort werden. Galerien an umgenutzten Orten haben in Berlin Tradition.

Die ehemaligen Bewohner sind seit Jahren tot, die letzte starb im Oktober 2015. Viel bestaunt war sie, die Bärin Schnute, am Ende aber auch einsam. Was wird aus ihrem früheren Zuhause nahe der Spree, beim Märkischen Museum? Die Rede ist vom Bärenzwinger im Köllnischen Park in Mitte. Der Bezirk hat nach zweijährigem Leerstand nun vor, dort Ausstellungen zu zeigen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Grundstück von der Berliner Stadtreinigung genutzt. 1939 wurde der Zwinger eröffnet, entworfen vom Berliner Architekten Georg Lorenz. Nun beherbergte es Berliner Wappentiere. Vier starben während des Kriegs, der auch das Gebäude in Mitleidenschaft zog. Ein Tier wurde in den Zoologischen Garten umgesiedelt. Nach dem Wiederaufbau 1949 kamen zwei neue Bären in den Köllnischen Park. 1990 drohte die Schließung – der Bezirk konnte sich die Modernisierung nicht leisten. Am Ende übernahmen der Senat und private Investoren die Kosten und baute eine Fußbodenheizung und eine Lichtkuppel ein. Der Umbau dauerte anderthalb Jahre und kostete 350 000 Mark.

Zuletzt lebten Maxi, Tilo und Schnute in dem kleinen, roten Gebäude, mit den zwei Außenbereichen hinter Wassergräben – eine bewohnte Insel im Park. Immer wieder gab es Proteste von Tierschützern, das Areal sei nicht geeignet, nicht groß genug für die wilden Tiere.

Veranstaltungen, Ausstellungen und Workshops

Als dann ab 2013 nur noch Schnute übrig blieb, beschloss man, dass sie ihren Lebensabend noch im Köllnischen Park zubringen soll. Vor zwei Jahren wurde sie eingeschläfert, zuvor von Arthrose gebeutelt. Seither steht der Zwinger leer.  „Es ist ein Zweckbau für einen Zweck, den es nicht mehr gibt“, sagte die Grüne-Stadträtin Sabine Weißler im vergangenen Jahr, als schon mal über die Zukunft des Geländes diskutiert wurde.

Nun gibt es einen Plan – zumindest für die nächsten zwei Jahre.

Von September an sollen bis Sommer 2019 auf den 770 Quadratmetern Veranstaltungen, Ausstellungen und Workshops von Berliner Künstlern zum Thema Stadtentwicklung und der Geschichte des Ortes stattfinden. Außerdem wird es Führungen über das denkmalgeschützte Areal geben. Zuvor hieß es noch, die Anlage sei zu klein für ein Café oder Ausstellungen. Das Märkische Museum und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatten bezüglich einer Weiter- und Umnutzung des Zwingers abgewunken.

Nun übernimmt der Fachbereich Kunst und Kultur des Bezirksamtes Mitte – finanziert durch 110 000 Euro an Senatsmitteln. Wann es im September genau losgeht, stehe noch nicht fest, sagt Projektleiter Sebastian Häger. Erst müsse geprüft werden, ob das Gelände die nötigen Anforderungen für den Publikumsbetrieb erfülle. „Das ist aber ein Formalakt“, versichert Häger. Umbauarbeiten seien vorerst nicht geplant.

Kunst an vielen Orten

Kunst in Räumen und an Plätzen, die nicht dafür gedacht waren – das ist nichts Neues in Berlin. Eines der bekanntesten Beispiele ist die East Side Gallery an der Spree. Zum längsten, noch erhaltenen Teilstück der Mauer pilgern täglich massenhaft Touristen nach Friedrichshain. Eines der bekanntesten Wandbilder ist der Bruderkuss, den Dmitri Wrubel 1991 auf die Betonfläche verewigte. Die Sammlung Boros ist in einem ehemaligen Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg untergebracht. In dem alten Reichsbahnbunker zwischen Deutschem Theater und Friedrichstraße wird seit 2003 zeitgenössische Kunst ausgestellt – erbaut wurde er 1943 durch Zwangsarbeiter und sollte Bahnreisende vor den Bomben der Alliierten schützen.

In Berlin findet man Kunst auch in Schulen, Markthallen, Gartenanlagen, Kirchen. Galerist Michael Fuchs mietete sich 2011 – 70 Jahre nachdem dort Schülerinnen vom Hof deportiert wurden – in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule in Mitte ein und eröffnete ein Jahr später ein Haus der Kunst und Esskultur. Neben der Michael Fuchs Galerie befinden sich dort das Museum der Kennedys, die Foto-Galerie Camera Work und das Restaurant „Pauly Saal“. Die Kunsthochschule Weißensee hat, um die Arbeiten ihrer Studenten und Absolventen zu zeigen, einen besonderen Raum aufgetan: Eine Ost-Berliner Kaufhalle aus den 60ern beherbergt heute die Kunsthalle am Hamburger Platz.

Im Neuköllner Körnerpark – vor 1910 übrigens eine Kiesgrube – entstand in der alten Orangerie des Namensgebers Franz Körner eine Galerie, die Werke von Künstlern aus dem Bezirk, aber auch aus dem Ausland zeigt. Und in der Kreuzberger St.-Agnes-Kirche finden schon seit Jahrzehnten keine katholischen Gottesdienste mehr statt. Der Galerist Johann König sah in dem brutalistischen Bau mit seinem eindrucksvollen, hohen Innenraum einen Wallfahrtsort für Kunstliebhaber und unterschrieb einen Pachtvertrag für 99 Jahre: Seit dem Ende der Umbauarbeiten unter der Leitung von Star-Architekt Arno Brandlhuber präsentiert König dort seit 2015 renommierte Kunstschaffende wie Alicja Kwade und aktuell Tue Greenfort. Dem Bärenzwinger könnten also goldene Zeiten bevorstehen. Der Bärenzwinger soll, sobald er wiedereröffnet ist, von Mittwoch bis Sonntag zwischen 12 und 18 Uhr geöffnet sein.

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