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Innensenator Ehrhart Körting lädt zwei Kandidaten für das Amt des Polizeipräsidenten zum Gespräch.

© dpa

Auswahlverfahren geht weiter: Körting sucht Polizeichef – ohne Rücksicht auf Grüne

Der Berliner Innensenator treibt das Auswahlverfahren für einen neuen Polizeichef trotz der Koalitionsgespräche voran. Dabei fordern die Grünen eine Neuausschreibung des Postens.

Bei den Gesprächen zwischen Sozialdemokraten und Grünen über eine rot-grüne Koalition bahnt sich nach dem Streit über den Weiterbau der A100 ein weiterer Konflikt an. Entgegen der Erwartungen der Grünen, dass der derzeit vakante Posten des Polizeipräsidenten erst von der neuen Landesregierung besetzt wird, treibt Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Besetzung der Stelle voran. Nach Informationen des Tagesspiegels sind für die kommende Woche Auswahlgespräche mit den zwei verbliebenen Kandidaten terminiert.

Bei der Innenverwaltung hieß es dazu lediglich, man werde im Einvernehmen mit der Auswahlkommission „einen Termin nicht öffentlich machen“. Die Sprecherin der Innenverwaltung, Nicola Rothermel-Paris, bestätigte lediglich, dass es einen Termin „in den nächsten Wochen geben wird“. Sie bekräftigte zugleich, dass das Verfahren „nicht angehalten wird“. Die Grünen hatten mehrfach gefordert, das Besetzungsverfahren auszusetzen. „Unsere Position, dass eine Neuausschreibung nötig ist, gilt auch nach der Wahl“, betonte der Landesvorsitzende der Grünen, Daniel Wesener: „Wenn man eine vertrauensvolle Zusammenarbeit will, erwarten wir, dass keine Tatsachen geschaffen werden.“

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte am 12. Juni dem Land Berlin untersagt, den früheren Präsidenten des Bundesgrenzschutzpräsidiums Ost, Udo Hansen, zum Polizeipräsidenten zu ernennen. Das Gericht rügte Verstöße gegen das gesetzlich vorgeschriebene Auswahlverfahren mit Interviews der Bewerber. Innensenator Körting hatte dies zuvor abgelehnt und darauf bestanden, allein nach Aktenlage zu entscheiden. Bereits vorher hatte es von der Opposition mehrfach Kritik über das intransparente Verfahren gegeben. Geklagt hatte der unterlegene Mitbewerber Klaus Keese, derzeit Leiter der Polizeidirektion 1, die für Reinickendorf und Pankow zuständig ist.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die Grünen auf Körtings Initiative reagieren.

Der Senat hatte Udo Hansen bereits im Juli zum Nachfolger des im Mai aus dem Amt geschiedenen Präsidenten Dieter Glietsch ernannt – bislang aber auf die Übergabe der Ernennungsurkunde verzichtet. Die Ernennung erfolgte gegen den Widerstand des Koalitionspartners Linkspartei. Abgelehnt wird Hansen unter anderem wegen seines Einsatzes als Sicherheitsberater für den EADS-Konzern in Saudi-Arabien. Das SPD-Mitglied Hansen war 2008 krankheitsbedingt aus der Polizei ausgeschieden. Das Auswahlgespräch mit den Kandidaten werde jetzt nachgeholt, um das Verfahren entsprechend der Maßgabe des Gerichts „zu heilen“, sagte Innenverwaltungsprecherin Rothermel-Paris. Vom Anwalt des Kandidaten Klaus Keese hieß es dazu, bislang habe dieser „noch keine offizielle Einladung zu einem Auswahlgespräch erhalten“.

Derzeit führt die Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers die Behörde mit über 22 000 Mitarbeitern. Sie hatte sich auf die im Dezember 2010 ausgeschriebenen Stelle nicht beworben, weil darin ausdrücklich „langjährige Leitungstätigkeit im Polizeivollzugsdienst“ gefordert wurde. Koppers ist erst seit Ende 2009 bei der Polizei. Bei einer Neuausschreibung werden der vormaligen Vize-Präsidentin des Berliner Landgerichts gute Chancen eingeräumt.

In den Sondierungsgesprächen wurden nach Angaben von Teilnehmern bisher von Sozialdemokraten und Grünen alle Themenfelder einer künftigen Landesregierung „ausgelotet“, um Konfliktfelder zu identifizieren. „Die Innenpolitik war kein Streitfall“, sagt dazu Volker Ratzmann, Fraktionschef von Bündnis90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus und Verhandlungsführer in den beiden Sondierungsgesprächen. „Die Besetzung der Stelle des Polizeipräsidenten ist einer der Punkte, die in Koalitionsverhandlungen selbstverständlich besprochen werden müssen“, sagt Ratzmann. Am Freitag muss eine Landesdelegiertenversammlung den bisherigen Gesprächsergebnissen zustimmen, bevor Koalitionsverhandlungen offiziell aufgenommen werden können.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird sich am kommenden Sonnabend zu den notwendigen Qualitäten eines Polizeipräsidenten äußern. Bestätigt wurde aus der Senatskanzlei, dass Dieter Glietsch vom Regierenden Bürgermeister den Verdienstordnen des Landes Berlins verliehen bekommt. Glietsch hatte die Mammutbehörde seit 2002 erfolgreich geführt und modernisiert und unter anderem mit einer Deeskalationstrategie erheblich zur Befriedung des krawallträchtigen 1. Mai beigetragen.

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