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Blick auf einen Abschnitt der Rudolf-Wissell-Brücke auf dem Stadtring A100 in Berlin.

© Jürgen Ritter

Autobahnbrücke in Berlin: Es bröckelt unter der Rudolf-Wissell-Brücke

Die Autobahnbrücke ist marode. Da sie abgerissen wird, lohnen „Schönheitsreparaturen“ nicht. Standsicher bleibt sie.

Es rostet und bröselt unter der Rudolf-Wissell-Brücke, der längsten Brücke der Stadt. Kleine Betonbröckchen seien von dem Teilstück der Stadtautobahn in Westend schon herabgeflogen, bestätigt Derk Ehlert, Sprecher der Senatsverwaltung für Verkehr. Verletzt worden sei aber bislang niemand. Und Gefahr für die Stabilität der Brücke bestehe auch nicht. Die Brücke ist zwar insgesamt marode und soll durch eine Neubau ersetzt werden, aber die aktuellen Schadstellen seien nur oberflächlich und kein Grund zur Sorge. „Die Brücke ist standsicher“, sagte Ehlert.

Der Bröselbeton entstehe durch kleine Haarrisse, in die Feuchtigkeit dringe. Durch die starken Temperaturschwankungen im Winter würden sich kleine Segmente des Betonputzes ablösen und irgendwann herabfallen. An Hausfassaden hängt man zum Schutz der Fußgänger Netze auf, an der knapp ein Kilometer langen Brücke werden die lockeren Teile regelmäßig mit dem Hammer abgeschlagen, berichtet Ehlert. Das werde bei der turnusmäßigen Sichtkontrolle miterledigt, die alle vier Monate ansteht. Die Schadstellen werden danach nicht verputzt, „Schönheitsreparaturen“ lohnten sich nicht mehr, weil die Brücke abgerissen werden soll.

Besondere Sicherheitsvorkehrungen

Zuletzt wurden im November lose Betonteilchen abgeschlagen, allerdings nur in den Bereichen der Brücke, die über Land verlaufen. Über der Spree sei es sehr schwierig , mit herkömmlicher Technik an die Unterseite der Brücke zu kommen. Daher wurde eine Firma beauftragt, einen speziellen Hubsteiger mit extralangem Ausleger an der Spree in Stellung zu bringen. Von der Arbeitsbühne aus können dann lose Betonteile abgeschlagen werden. Am dem 23. Januar soll der Kran aufgebaut werden. Bis dahin gelten unter der Brücke besondere Sicherheitsvorkehrungen. Die Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamts an der Schleuse Charlottenburg müssen Helm tragen, außerdem werden die Schiffsführer auf die Gefahrenstelle hingewiesen.

Die Wissell-Brücke wurde Ende der 50er Jahre gebaut, für die Dauerbelastung von aktuell 180000 Fahrzeugen am Tag war sie aber nicht ausgelegt. Der Neubau ist seit langem beschlossen, die Planungen zogen sich aber in die Länge, weil die Brücke nur an einem Stück abgerissen werden kann. Das Berliner Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner setzte sich bei der Ausschreibung durch, mit dem Vorschlag, die Richtungsfahrbahnen baulich zu trennen, die Bauwerke sollen bis zu 60 Meter auseinander liegen. 200 Millionen Euro muss der Bund als Bauherr kalkulieren, der Baubeginn ist frühestens 2023. Planung und Bau liegen aber – anders als bei der Verlängerung der A 100 – nicht mehr bei der Senatsverwaltung für Verkehr. Die Bundesfernstraßengesellschaft Deges betreut das Projekt.

Noch etwas durchhalten

Bis zur Fertigstellung der Teil-Brücke für den Verkehr stadtauswärts wird die alte Brücke noch durchhalten müssen, dann kann abgerissen und auf den alten Fundamenten die Teil-Brücke für den künftigen Verkehr stadteinwärts errichtet werden. Weil also noch bis mindestens 2026 auf der alten Brücke gefahren wird, hat der Bund vor anderthalb Jahren eine grundlegende Fahrbahnsanierung spendiert. Diese Arbeiten hatten aber mit der Standfestigkeit der Brücke nichts zu tun. Die nächste Hauptuntersuchung, die alle sechs Jahre stattfindet, ist für 2020 vorgesehen.

Vor bösen Überraschungen wie zuletzt bei der Elsenbrücke in Friedrichshain oder der Freybrücke in Spandau sind die Brückenexperten der Verkehrsverwaltung aber nie sicher. Ist die tragende Konstruktion nicht mehr standsicher, müssen Brücken vom Schwerverkehr entlastet oder ganz gesperrt werden. Bei der Rudolf-Wissell-Brücke würde das einen Verkehrskollaps auslösen.

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