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Berlin: Autounfälle: Polizei: Blechschaden ist oft keine Bagatelle

Mit Besorgnis hat Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert auf die Idee von Innensenator Ehrhart Körting reagiert, Bagatellunfälle künftig nicht mehr von der Polizei aufnehmen zu lassen. Um die Polizei von zeit- und kostenaufwendigen Routineaufgaben zu entlasten, hatte der Innensenator vorgeschlagen, dass zukünftig Beauftragte der Versicherungsunternehmen Verkehrsunfälle mit Blechschäden aufnehmen.

Mit Besorgnis hat Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert auf die Idee von Innensenator Ehrhart Körting reagiert, Bagatellunfälle künftig nicht mehr von der Polizei aufnehmen zu lassen. Um die Polizei von zeit- und kostenaufwendigen Routineaufgaben zu entlasten, hatte der Innensenator vorgeschlagen, dass zukünftig Beauftragte der Versicherungsunternehmen Verkehrsunfälle mit Blechschäden aufnehmen. Holten die Unfallfahrer trotzdem die Polizei, müssten die Versicherungen und deren Kunden die Kosten des Einsatzes bezahlen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ist an dem Körting-Vorschlag sehr interessiert. Körting werde sich mit deren Vertretern in absehbarer Zeit treffen, sagte die Sprecherin des Senators, Sonja Schröder-Lomb.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) gewinnt der Idee des Senators nur Vorteile ab. Ihre Konkurrenz, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), und die Polizeiführung reagieren hingegen kritisch. Beide wehren sich vehement, die Aufnahme von Bagatellunfällen in Privathände zu legen. Ausschlagebende Argumente sind für Piestert, dass in über 60 Prozent der Fälle die Polizeibeamten Verkehrsstraftaten aufdecken: Alkohol oder Drogen bei mindestens einem der Unfallbeteiligten, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder gar ohne Versicherungsschutz.

Im vergangenen Jahr waren es fast 28 500 Delikte, die ohne die Polizei vermutlich unentdeckt geblieben wären. 80 Prozent aller Trunkenheitsfahrten werden Piestert zufolge auf diesem Weg aufgedeckt. Natürlich ist bei einem Blechschaden niemand verpflichtet, die Polizei zu rufen. Häufig sind sich die Unfallbeteiligten aber uneins, wer die Schuld trägt. Und in diesen Fällen übernehme die Polizei durch ihr Urteil auch "eine friedensstiftende Rolle", sagt Piestert. Dazu käme, dass einem Unfall normalerweise ein Verkehrsvergehen vorausgehe, das mit einer Geldstrafe geahndet werde. Knapp zehn Millionen Mark landeten dadurch im vergangenen Jahr in der Landeskasse: "Und darauf will der Innensenator verzichten?", fragt sich Piestert. Zudem dürften private Unternehmen keine hoheitlichen Aufgaben wie Sicherstellung von Fahrzeugen und Papieren, Untersagung der Weiterfahrt oder Anordnung von Blutproben wahrnehmen.

Die GdP schlägt vor, den angestellten Wachpolizisten die Unfallaufnahme zu übertragen. Diese Aufgabe bliebe dann in Hand der Polizei, es würden allerdings Beamte für die Bekämpfung der Kriminalität frei. Voraussetzung wäre eine Erweiterung der Kompetenzen der Wachpolizei und eine entsprechende Aus- und Fortbildung.

Selbst im Saarland, das immer wieder als Modell genannt wird, weil dort ADAC und private Sachverständige Blechschäden aufnehmen, fährt die Polizei zu jedem Unfall. Bei Karambolagen, deren vorausgegangenes Verkehrsvergehen mit einer Strafe bis zu 75 Mark geahndet wird - also eine Ordnungswidrigkeit - teilen die Beamten lediglich ein Unfallformular aus, auf dem Schuldfrage geklärt ist. Die Beteiligten geben für die Versicherung ihre persönlichen Daten an, sagte ein Polizeisprecher aus Saarbrücken. Aber auch dort decken die Beamten bei Unfällen, die zunächst als Bagatellen erscheinen, häufig Straftaten wie Fahren unter Alkohol auf.

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