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Babyklappen: „Konzept ist gescheitert“

„Terre des Hommes“ kritisiert das Modellprojekt an vier Berliner Krankenhäusern. Die Zahl der Tötungsdelikte an Säuglingen ist seit der Einführung nicht zurückgegangen.

Seit sechs Jahren gibt es an vier Berliner Krankenhäusern Babyklappen. Dort kann man anonym Neugeborene abgeben. Die Babyklappen wurden eingerichtet, um zu verhindern, dass Mütter ungewollte Kinder nach der Geburt töten. Das Kinderhilfswerk „Terre des Hommes“ hält das Konzept für gescheitert.

Grundlage für diese Einschätzung ist eine Studie, danach ist die Zahl der Tötungsdelikte seit Errichtung der bundesweit 80 Babyklappen nicht rückläufig. In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden bundesweit neun Säuglinge tot aufgefunden, sieben weitere starben an den Folgen einer Aussetzung. 2006 wurden 34 Säuglinge tot aufgefunden. Wie aussagekräftig diese Zahlen sind, ist jedoch strittig.

„Es ist absurd, die Zahl der getöteten Kinder und das Vorhandensein von Babyklappen in einen Zusammenhang zu setzen“, sagt die Sozialpädagogin Ulrike Künning. Als FU-Doktorandin erforscht sie die Wirksamkeit von Babyklappen. Es gebe keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Säuglinge von ihren Müttern nach der Geburt getötet werden, sagt Künning. Der Fall der neun getöteten Babys aus Brieskow-Finkenheerd spreche für eine hohe Dunkelziffer.

Babyklappen-Gegner argumentieren, dass Frauen, die Gefahr liefen, ihre Säuglinge zu töten, nicht in der Lage seien, rational zu handeln. Deshalb würden sie auch das Angebot der Babyklappen nicht wahrnehmen. Auch das sieht Künning anders. Viele Kinder seien bereits durch die Babyklappe einer Krisen- und Gefährdungssituation entgangen. Dies zeigten Gespräche mit Frauen, die nach einer Abgabe ihres Säuglings das Gespräch mit einer Beratungsstelle suchten. Diese Einschätzung teilt auch Pastorin Gabriele Stangl, Koordinatorin der Babyklappe im Zehlendorfer Krankenhaus Waldfriede.

Jugendstaatssekretär Eckart Schlemm betont, niemand könne ausschließen, dass Babyklappen Leben retten, und es müsse uns um jedes einzelne Leben gehe. Bisher wurden laut Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) 28 Babys in den Berliner Babyklappen abgegeben, dieses Jahr waren es zwei. Laut Stangl ist der Bedarf für die Babyklappe gestiegen. Da dieser Weg für einige Frauen in extremer Notlage der einzige zu sein scheint, steht für sie fest: „Wir werden die Babyklappe definitiv nicht zumachen.“

Die Berliner Babyklappen befinden sich in den Krankenhäusern St. Joseph in Tempelhof, Waldkrankenhaus in Spandau, Klinikum Neukölln, Waldfriede in Zehlendorf. Infos: www.aktion-babyklappe.de

Lena Hach

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