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Berlin: Bahn AG: "S-Bahn-Werbung" soll von den Gleisen verschwinden

Die Bahn mag die S-Bahn-Werbung nicht mehr. Dabei geht es um keinen Familienkonflikt im Konzern, sondern um eine handfeste juristische Auseinandersetzung zwischen der großen Bahn AG und einem mittelständischen Berliner Unternehmen, das dadurch kurz vor dem Aus steht.

Die Bahn mag die S-Bahn-Werbung nicht mehr. Dabei geht es um keinen Familienkonflikt im Konzern, sondern um eine handfeste juristische Auseinandersetzung zwischen der großen Bahn AG und einem mittelständischen Berliner Unternehmen, das dadurch kurz vor dem Aus steht. Hintergrund der Auseinandersetzungen ist ein Streit um Abrechnungsmodalitäten.

Die Bahn AG hat den Vertrag mit dem Familienbetrieb schon mehrfach gekündigt, rechtskräftig ist die Kündigung aber noch nie geworden. Trotzdem hat die Bahn den Kunden des Privatunternehmens schriftlich mitgeteilt, dass die S-Bahn-Werbung nicht mehr berechtigt sei, "Werbeflächen im Bereich der DB AG incl. der S-Bahn Berlin GmbH zu vermieten, Neuverträge abzuschließen sowie laufende Verträge weiterzuführen". Zudem erhalten die Mitarbeiter des Unternehmens keine Genehmigungen mehr zum Betreten des Bahngeländes.

Die S-Bahn-Werbung hatte 1946 mit der Deutschen Reichsbahn einen Vertrag geschlossen, der ihr Werberechte im gesamten sowjetischen Sektor bis 2010 sicherte. Später konzentrierte sich das Unternehmen auf den West-Berliner Markt. 1970 trat der Vater des heutigen Geschäftsführers Borris Goerke in die Firma ein, die 1984 nach der Übernahme der S-Bahn in West-Berlin durch die BVG diesen Bereich an den Verkehrsbetrieb verlor. 1990 schloss die Firma dann einen neuen Vertrag mit der Reichsbahn ab, der für die S-Bahn im Ostteil der Stadt galt. Um das gesamte Reichsbahn-Netz habe es ein erfolgloses Gerangel gegeben, sagt Goerke. So ist die "Berliner S-Bahn-Werbung" heute im Westteil der Stadt für die Fern-und Güterzuganlagen zuständig, im Ostteil dagegen für die S-Bahn.

Nachdem der damalige Reichsbahnpräsident Werner Remmert den Vertrag 1992 mündlich kündigen wollte, folgte zwei Jahr später der erste schriftliche Versuch, weil die DDR untergegangen sei. Bei Vertragsabschluss 1946 gab es aber noch gar keine DDR. Zusammen mit Lothar de Maizière, dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, der jetzt als Rechtsanwalt tätig ist, fuhr Goerke damals zum Bahnvorstand nach Frankfurt (Main) und brachte die Kündigung in drei Instanzen vom Tisch.

1997 kündigte die Bahn erneut - dieses Mal mit dem Vorwurf des Betruges bei der Abrechnung der Werbeeinnahmen. Die Bahn hat das Recht, die Unterlagen der S-Bahn-Werbung einzusehen. Mit der Kündigung scheiterte die Bahn erneut. mergericht. Ein Abrechnungsstreit rechtfertige keine Kündigung, argumentierte das Kammergericht. Allerdings habe das Gericht auch deutlich zu verstehen gegeben, dass die Abrechnung "nur so gerade noch" akzeptiert werden könne, sagt der Justitiar der Bahn, Christian Schreyer.

Bei einer erneuten Prüfung habe man dann wiederum Abrechnungsfehler festgestellt, die Ende 2000 zu einer weiteren Kündigung führten, so Schreyer. Obwohl dieses Verfahren noch nicht entschieden sei, tue die Bahn so, als sei die Kündigung rechtskräftig, wirft Goerke dem staatlichen Unternehmen vor.

Dabei geht es auch um juristische Finessen. So darf die Bahn zwar nach einer einstweiligen Verfügung den Mitarbeitern der S-Bahn-Werbung nicht mehr untersagen, das Bahngelände zu betreten, eine Erlaubnis dazu sei aber damit nicht verbunden, weil eine Genehmigung nicht beantragt worden sei, argumentiert der Bahn-Jurist. Die Bahn wiederum erstattete Strafanzeige wegen Betruges. Dieses Verfahren war eingestellt worden, wurde aber nach Schreyers Angaben nach einer Beschwerde der Bahn jetzt wieder aufgenommen.

Die Mitarbeiter der S-Bahn-Werbung kleben die Plakate trotzdem weiter, werden in der Regel aber vertrieben, wenn sie dabei ertappt werden. Die S-Bahn-Werbung hat nun einen Wirtschaftsprüfer beauftragt, die Abrechnungen zu kontrollieren. Das juristische Verfahren kann sich noch Jahre hinziehen. "Dann sind die 50 Arbeitsplätze bei uns nicht zu halten", sagt Goerke. Aber die Bahn hat einen Trost bereit. Sollte die S-Bahn-Werbung am Ende Recht bekommen, habe sie einen Anspruch auf Schadenersatz. Immerhin.

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