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Berlin: Bahn frei für die Bügel

Für die Bürogebäude über dem neuen Hauptbahnhof fehlen weiter Mieter. Jetzt will der Konzern selbst in beide Riegel einziehen

In 18 Tagen wird der neue Hauptbahnhof offiziell eröffnet; zwei Tage später, am 28. Mai, werden die ersten Züge im Fern- und Regionalverkehr dort halten. Dann werden auch die Geschäfte im Bahnhof öffnen. Das steht fest. Unklar ist aber nach wie vor, wer in den Gebäudetrakt einziehen wird, der über den Gleisen gebaut worden ist. Die Bahn hat bisher keine Mieter gefunden. Unter anderem suchte sie nach einem Hotelbetreiber. Nach Tagesspiegel-Informationen will sie beide Riegel nun selbst nutzen. Offiziell bestätigen wollte dies aber keine Stelle im Konzern.

Eigentlich will die heutige Bahn keine derart pompösen – und repräsentativen – Empfangsgebäude mehr, wie sie im 19. und 20. Jahrhundert gebaut worden sind. Heute richtet sich die Bahn lieber in bescheideneren Zweckbauten ein.

Bei der Planung für den neuen Hauptbahnhof wollten die Architekten von Gerkan, Marg und Partner aber auch ein Zeichen setzen. Die beiden Gebäuderiegel, Bügelbauten genannt, weil sie die Gleise in der Form eines Kleiderbügels überspannen, sollen den Verlauf der unterirdischen Nord-Süd-Verbindung symbolisieren. Sie liegen exakt über den Tunnelröhren. So hebt die Architektur den Charakter des Bahnhofs als Kreuzung hervor. Für die Architekten sei die Bedeutung des neuen Hauptbahnhofs als Schnittstelle im zusammenwachsenden Europa der bestimmende Faktor ihrer Architektur gewesen, heißt es bei der Bahn.

Nur vage Vorstellungen hatte man aber, wer einmal in diese Gebäude ziehen sollte, die 2007 komplett fertig sein werden. Büros oder ein Hotel sollten es sein, hieß es von Anfang an, ohne dabei konkret zu werden. 42 000 Quadratmeter können in den beiden zwölfgeschossigen Bauten insgesamt vermietet werden.

Die Lage ist ideal: Direkt über den Gleisen des größten Turmbahnhofs Europas, dicht am Kanzleramt und am Regierungsviertel. Trotzdem fand sich kein Nutzer. Lange war deshalb umstritten, ob die Bügel überhaupt gebaut werden sollen. Doch die Konstruktion des Nord-Süd-Daches über dem Eingangsbereich ist so angelegt, dass sie nur zusammen mit diesen Gebäuden möglich war. Ohne die Bügelbauten hätten die Pläne fürs Dach völlig geändert werden müssen, was den Bau weiter verzögert hätte. So entschloss sich die Bahn, die Bügelbauten auch ohne feststehende Mieter zu errichten. Um beide Bügel zusammen nutzen zu können, ließ die Bahn bereits nachträglich Verbindungsbrücken zwischen den Riegeln bauen, die in luftiger Höhe die Empfangshalle überqueren. Wer von einem Teil in den anderen will, muss nun nicht mehr durch den Bahnhofsbereich gehen.

Einziehen sollen Dienststellen der Bahn, die jetzt noch verstreut in der Stadt verteilt sind. Vor allem rings um den Potsdamer Platz könnte es dann leerer werden. Die Zentrale selbst soll nicht in den Bahnhof ziehen. Für sie ist ein Hochhaus daneben vorgesehen, das rund 150 Meter hoch werden dürfte. Der Bauherr, die Vivico-Immobiliengruppe, will aber erst loslegen, wenn sich definitiv ein Nutzer gefunden hat. Und Bahnchef Hartmut Mehdorn hat sich noch nicht entschieden, ob er in diesen Bahnhofsturm ziehen will, falls er den Sony-Tower verlässt.

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