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Noch rollen die Züge nach Brandenburg, aber die Fahrgäste bleiben aus.

© dpa

Bahn in Brandenburg: Die Station, an der niemand aussteigt

Rund um Potsdam gibt es gleich mehrere Bahnhöfe, die zu den Stationen mit den wenigsten Fahrgästen gehören. Dabei strengt sich die Lokalpolitik an, die Einwohner in die richtige Bahn zu lenken. Und muss doch weiterhin um die Verbindungen bangen.

Ein Vormittag in der Regionalbahn von Potsdam nach Michendorf. „Nächster Halt: Caputh-Geltow. Bedarfshalt, zum Aussteigen bitte Sprachtaste betätigen.“ Michael Jungclaus, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion und geübter Bahnfahrer, sucht lange nach der Taste, die links neben der Tür versteckt ist. „Ja, ick halte“, teilt der Fahrer via Lautsprecher mit. Außer Jungclaus und seinem Begleiter Nils Naber steigt niemand am Bahnhof ein oder aus. Weder Fahrräder noch Autos stehen rund um das verfallene Bahnhofsgebäude. Mit etwa 50 Reisenden am Tag gehört der Bahnhof zu den Stationen im Land mit den wenigsten Fahrgästen.

Dabei sind die Voraussetzungen nicht schlecht: Vom Ortskern sind es etwa fünf Minuten mit dem Rad zum Bahnhof, der Zug fährt stündlich und braucht neun Minuten in die Potsdamer Innenstadt. Zudem ist die parallel verlaufende Bundesstraße oft zugestaut, die Fahrt mit dem Auto nicht schneller als per Bahn. „Wir müssen unsere Einwohner überzeugen, öfter die Bahn zu nehmen“, sagt Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) beim Gespräch mit Jungclaus, der derzeit 60 kleine Stationen im Land besucht.

Teilweise nur 30 Fahrgäste pro Tag

Seit Gründung der Gemeinde vor 13 Jahren arbeitet man Hoppe zufolge an einem besseren Nahverkehr in der Region. Vor Jahren stand die Bahnstrecke schon einmal vor dem Aus, was Schwielowsee mit drei Bahnhöfen besonders treffen würde. Grund waren – die Nutzerzahlen. Auch in Caputh-Schwielowsee, dem bestfrequentierten, steigen täglich nur 250 Leute ein, in Ferch-Lienewitz, mehrere Kilometer außerhalb von Ferch gelegen, sind es gar nur 30.

„Das Problem ist die Abstimmung von Bus und Bahn“, sagt Bürgermeisterin Hoppe. Nach langwierigen Verhandlungen rollt nun ein Bus in den Ortskern und weiter bis nach Werder, aber nur befristet bis zum Herbst. Bis dahin wird geschaut, wie die Fahrgäste den neuen Service nutzen.

In Caputh-Geltow gibt es weder eine Bushaltestelle noch ausgeschilderte Parkplätze. Doch das ist Hoppe zufolge nicht das größte Problem: „Von Geltow nach Berlin muss man in Potsdam umsteigen, und wenn der Regionalexpress Verspätung hat, muss man in Potsdam eine Stunde auf den Anschluss warten.“ Die meisten Geltower würden daher mit dem Auto zunächst sogar in die entgegengesetzte Richtung nach Werder (Havel) fahren, um dort gleich in den Regionalexpress nach Berlin zu steigen.

Direktverbindung nach Berlin - Kürzung an anderer Stelle

Eine Möglichkeit wäre eine Direktverbindung zumindest zur Hauptverkehrszeit bis nach Berlin. „Das Problem dabei ist aber, dass das Infrastrukturministerium Mehrbestellungen bei Zügen nur vornimmt, wenn an anderer Stelle gekürzt wird“, sagt der Grüne Michael Jungclaus. Dafür lobt er das Engagement der Gemeinde für besseren Nahverkehr: 10.000 Euro zahlt Schwielowsee jährlich, damit Ferch ins Berliner Tarifgebiet integriert ist. Dazu kommen noch einmal mehrere tausend Euro, die die Gemeinde für den Bus nach Werder aufbringt.

Die Zugfahrt nach Potsdam könnte laut Bürgermeiserin Hoppe zufolge wenigstens bald attraktiver werden: So seien vom privaten Besitzer des Geltower Bahnhofes Bauanträge an das Landratsamt geschickt worden, wonach der Bahnhof zu einem kulturellen Treffpunkt umgestaltet werden soll. Auch neue Parkplätze sind geplant.

Enrico Bellin

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