zum Hauptinhalt

Berlin: Bahnchaos: Experten rätseln über Strompanne

Auch heute noch Behinderungen auf der Schiene / Notstromversorgung in Kliniken sicherer als bei der Bahn?

Die genaue Ursache der schlimmsten Bahnpanne seit Jahren, bei der am Sonnabend alle Computer der Stellwerke abstürzten und rund 240 Fernzüge und S-Bahnen liegen blieben, war auch gestern noch ungeklärt. Ein nur Sekunden dauernder Stromausfall hatte die Elektronik zum Erliegen gebracht – doch weshalb in dieser Situation nicht sofort die Notstromversorgung ansprang, blieb den herbeigeeilten Experten bisher ein Rätsel. Wegen der Reparaturen an den Stellwerken kann es auch am heutigen Montag noch zu Beeinträchtigungen auf den S-Bahnlinien S 1, S 8 und S 26 kommen.

Für einen Stromausfall ist nach Angaben der Bahn eigentlich „bestens vorgesorgt“: Es gibt leistungsfähige Batteriesysteme, die unmittelbar eine übergangsfreie Stromversorgung sichern, bis Dieselgeneratoren einspringen und die benötigte Elektrizität erzeugen. „Ein übliches Verfahren“, sagen Fachleute. Es wird auch in den U-Bahn-Stellwerken oder in Berlins Krankenhäusern praktiziert, bei denen ein kurzzeitiger Stromausfall noch schlimmere Folgen als bei der Bahn haben könnte. Müssen nach der mysteriösen Panne auf den Schienen nun auch die Kliniken befürchten, dass während einer Operation plötzlich kein Gerät mehr funktioniert?

„Das ist bei uns kaum denkbar“, sagt der Haustechniker des Krankenhauses Neukölln, Heinz Grahl. Denn in der Klinik gibt es „mehrere Packen starker Batterien“, die bei einem Stromausfall innerhalb von 25 Millisekunden einspringen und sich sogar gegenseitig ersetzen können, sollte ein Batterieset wie bei der Bahn im Notfall ausfallen. Bis zu drei Stunden halten die Batterien lebenserhaltende Techniken am Laufen – beispielsweise auf Intensivstationen und bei Operationen. Ein Teil der Beleuchtung und andere verzichtbare Stromverbraucher werden hingegen automatisch abgeschaltet. Doch schon 30 Sekunden nach einer Strompanne sind in Neukölln Dieselgeneratoren auf Touren. Sie versorgen nun die gesamte Klinik mit Elektrizität. Techniker Grahl: „Damit sie anspringen, hat ihr Kühlwasser permanent die beste Starttemperatur.“ Außerdem werde das Notfallsystem monatlich getestet und gewartet.

Ähnlich funktioniert die Notstromversorgung in der Charité, im Deutschen Herzzentrum oder im Krankenhaus Friedrichshain. Nach Angaben des Chefs der Charité-Haustechnik, Rolf-Dieter Kranki, gab es vor einem Jahr dort den letzten Stromausfall, als ein Bagger Kabel im Erdreich zerriss. „Unsere Batterien und Diesel haben wunderbar funktioniert.“ Letztlich „steht und fällt die Sicherheit“ aus seiner Sicht mit der Wartung. Doch die Kontrolle war laut Bahn auch in ihren Stellwerken „regelmäßig und gut“. Gleichwohl fiel dort ein elektronisches Bauteil aus, das den sofortigen Übergang von der regulären Stromversorgung zum ersten Notstrom aus den Batterien regelt. Was damit geschah, ist noch unklar. Die Untersuchungsergebnisse werden dann auch für Klinik-Techniker interessant sein, denn ähnliche elektronische Steuerungen gibt es auch bei ihnen. Mit einem entscheidenden Unterschied, sagt Rolf-Dieter Kranki von der Charité: „Wir haben einen Verbund von mehreren Batterieanlagen. Versagt eine, springt die nächste ein. Das gibt uns noch mehr Sicherheit.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false