zum Hauptinhalt
Seit der Brücken-Sprengung 1945 ist die Bahn-Strecke nach Usedom unterbrochen.

© dpa/ Jens Büttner

Bahnstrecke Berlin-Stettin: Schnell nach Polen - langsam nach Usedom

Der Bahn-Verkehr von Berlin nach Stettin wird beschleunigt. Das haben Bund und Bahn jetzt vereinbart. Kaum Chancen gibt es aber für den raschen Weg nach Usedom.

Der Zug nimmt langsam Fahrt auf. Gut zwölf Jahre nach dem EU-Beitritt Polens soll nun auch der Bahn-Verkehr zwischen Berlin und Stettin "beschleunigt" werden. Der Ausbau der Strecke soll schneller als bisher vorgesehen konkret geplant werden. Dies haben der Bund und die Bahn jetzt vereinbart. Weiter kaum eine Chance hat dagegen der Wiederaufbau der Gleise auf der Strecke Berlin–Usedom mit Anschluss der polnischen Stadt Swinemünde. Bei den Beratungen des Bundestags zum Bundesverkehrswegeplan 2030, der förderwürdige Projekte enthält, hat es die Usedom-Strecke nicht geschafft, nachträglich in den Plan aufgenommen zu werden.

Anders erging es der Verbindung nach Stettin. Ihr Ausbau war schon 2003 in den damaligen Bundesverkehrswegeplan gerückt – und dabei blieb es jahrelang. Nun aber soll es vorangehen: Die Strecke Berlin–Stettin gehört zu den 21 Schienenprojekten, deren Planung beschleunigt werden soll. Insgesamt gibt es dafür 138 Millionen Euro. Damit können bei Projekten, für die es bereits Vorplanungen gibt, die Entwurfs- und Genehmigungsplanungen finanziert werden. Der Streckenausbau nach Stettin ist insgesamt mit Kosten von mehr als 100 Millionen Euro veranschlagt.

Die Strecke ist derzeit auf einer Länge von 40 Kilometern eingleisig und soll dort zumindest abschnittsweise ein zweites Gleis bekommen. Zudem soll sie für den elektrischen Betrieb eine Oberleitung erhalten, die ebenfalls auf den 40 Kilometern noch fehlt. 30 Kilometer davon liegen auf deutschem Gebiet. Die Bahn hat bereits mehrere Ausbauvarianten untersucht. Probleme schafft unter anderem der moorige Boden auf einem Abschnitt. Um ihn zu befestigen, muss der Bahndamm bei Passow auf rund zehn Kilometern neu gebaut werden. Dazu muss die Strecke voraussichtlich mehr als ein Jahr gesperrt werden. Den Damm parallel zur alten Lage neu zu errichten, lässt der Naturschutz nicht zu.

Die Reisezeit würde sich von 120 auf 80 Minuten verkürzen

Ist die Strecke fertig, würde sich die Reisezeit bei Tempo 160 zwischen Berlin und Stettin von heute rund zwei Stunden auf etwa 80 Minuten verkürzen. Zurzeit gibt es täglich mehrere Direktverbindungen vom Bahnhof Gesundbrunnen nach Stettin; meist aber müssen die Fahrgäste in Angermünde umsteigen.

Trotz der widrigen Umstände und der durch den Zustand der Gleise teilweise erforderlichen Schleichfahrt mit höchstens 50 km/h statt der heute möglichen 120 km/h sind die Züge häufig so gefüllt, dass Fahrgäste stehen müssen – vor allem, wenn die Bahn wegen ihres Fahrzeugmangels nur mit einem statt mit zwei zusammengekuppelten Triebwagen fährt.

Die Anbindung von Stettin mit seinen rund 400.000 Einwohnern an den neuen Hauptstadtflughafen sei enorm wichtig, erklärte der Brandenburger SPD-Bundestagsabgeordnete Stefan Zierke, der Vorsitzender der Landesgruppe Ost in der SPD-Bundestagsfraktion ist.

Bund bezweifelt die Wirtschaftlichkeit des Wiederaufbaus der Gleise

Seine Hoffnungen, auch die Bahnstrecke von Berlin nach Usedom mit Hilfe der Bundestagskollegen auch aus anderen Fraktionen doch noch in den Bundesverkehrswegeplan zu hieven, hat sich dagegen nicht erfüllt. Nach wie vor bewege sich das Verkehrsministerium hier nicht, sagte Zierke dem Tagesspiegel. Der Bund bezweifelt die Wirtschaftlichkeit des Wiederaufbaus der Gleise zwischen Ducherow an der Fernverkehrsstrecke Berlin–Stralsund und der Berliner Urlauberinsel Usedom, obwohl die Bahn vorgerechnet hat, dass die Strecke rentabel sein kann – bei Kosten zwischen 120 und 140 Millionen Euro.

Die Trasse ist noch weitgehend vorhanden. Nur in Swinemünde ist sie verbaut; die Planer haben aber auch dort eine Lösung gefunden. Auf der Strecke fuhren bis zum Kriegsende Schnellzüge über Swinemünde direkt bis Heringsdorf, wo es dann mit der Inselbahn weiter bis Wolgast ging. Durch die Sprengung der Brücke über den Peenestrom mit dem markanten Hubteil, unter dem Schiffe passieren konnten, ist die Strecke 1945 unterbrochen worden.

Heute fahren Fahrgäste den Weg umgekehrt. Sie passieren von Berlin kommend erst Ducherow, wo von den alten Gleisen nichts mehr zu sehen ist, und müssen weit weg in Züssow in die Züge der Usedomer Bäderbahn UBB umsteigen, die über Wolgast in die Kaiserbäder Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck und weiter bis nach Swinemünde zuckeln. Die Fahrt dauert so rund vier Stunden. Würde die Karniner Brücke wiederaufgebaut, könnte sie sich auf zwei Stunden verkürzen.

Allerdings gibt es auf der Insel auch Widerstand. Anwohner wollen ihre – bahnlose – Ruhe an der Trasse behalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false