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Ist hier noch ein Plätzchen frei? Berlin muss so einiges tun, um das Wachstum der Stadt zu meistern.

© imago/Steinach

Bald vier Millionen Einwohner: Berlin wächst - wegen Neubürgern aus Europa

Berlin wächst kräftig. Das liegt vor allem an Zuwanderern aus Europa. Die meisten deutschen Zuzügler kommen aus NRW. Und jene, die gehen? Sie zieht es oft nach Brandenburg.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ohne ausländische Zuwanderer wäre Berlin eine schrumpfende Stadt. Seit 1990 haben jedes Jahr mehr Deutsche die Stadt verlassen, als neu hinzugezogen sind. Dieser Trend wurde erst 2007 gestoppt. Seitdem ist der Wanderungssaldo bei den deutschen Staatsbürgern leicht positiv. Trotzdem fällt dies kaum ins Gewicht. Es sind die Neu-Berliner aus anderen europäischen Staaten, aus dem Mittleren und Nahen Osten, aus Übersee und Afrika, die die Hauptstadt in den nächsten Jahren zu einer multinationalen Metropole mit vier Millionen Einwohnern machen werden.

Ein neuer Bericht des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg belegt diesen Trend. Der an Theodor Fontane erinnernde Titel lautet: „Wanderungen im Land Berlin 2014“. Die Mark Brandenburg findet darin auch Erwähnung, aber dazu später. Laut diesem Bericht zogen im vergangenen Jahr 77 285 Deutsche nach Berlin und 75 996 aus der Stadt fort. Bei den Ausländern hingegen zogen 97 287 nach Berlin, aber nur 61 463 aus der Stadt weg. Daraus errechnet sich ein Wanderungsüberschuss von 37 113 Menschen, von denen rund 96 Prozent Ausländer waren.

Viele EU-Bürger

Seit 2008 wächst die Zahl derer, die aus aller Welt nach Berlin kommen, wieder kräftig. Krieg und Terror in Vorderasien und Afrika treiben diese Entwicklung voran, aber auch fehlende wirtschaftliche und berufliche Perspektiven in vielen Staaten Europas. Einen vergleichbaren Zustrom nach Berlin gab es zuletzt Anfang der neunziger Jahre, als zehntausende Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion und dem zerfallenden Jugoslawien Zuflucht suchten. Jetzt geht es hauptsächlich um Flüchtlinge aus Syrien, Irak oder Afghanistan.

Auch zeigt der Statistikbericht, aus welchen Ländern die meisten Menschen in die Stadt kommen. Großenteils sind die Neu-Berliner Europäer. Der Wanderungssaldo aus dem Ausland (Zu- minus Fortzüge) lag im vergangenen Jahr bei 34 441 Menschen. Davon stammen 16 643 aus EU-Staaten und 4095 aus anderen europäischen Ländern.

Austausch der Bevölkerung

Allen voran Italiener und Polen, Bulgaren und Rumänen. Mit weitem Abstand folgen Zuwanderer aus Asien, hauptsächlich Nah- und Mittelost, mit einem Wanderungsüberschuss von 8596 Menschen. Afrika (2375) und Amerika (2375) fallen in der Statistik kaum auf. Für dieses Jahr und damit auch für die enorm hohe Zahl jetzt ankommender Flüchtlinge gibt es noch keine Daten.

Die vorliegenden Zahlen zeigen auch: Es sind fast nur junge Menschen, die Berlin enorm wachsen lassen. Den Rekord hält die Altersklasse von 16 bis 30 Jahren, die einen Überschuss von 22 032 ausländischen, aber auch von 12 505 deutschen Neu-Berlinern aufweist. Bei den älteren Semestern ist ein positiver Wanderungssaldo nur noch bei den Ausländern (zwischen 31 und 60 Jahren) zu finden.

Ein anderes Thema ist der Austausch der Bevölkerung zwischen Berlin und dem übrigen Bundesgebiet, der eigenen Regeln folgt. Denn bei der innerdeutschen Völkerwanderung sind die Ausländer klar in der Minderheit, also wenig mobil. Die zweite Besonderheit: Der zunehmend attraktive Nachbar Brandenburg verschlechtert die Wanderungsbilanz der Hauptstadt. Im vergangenen Jahr zogen nämlich 30 152 Berliner in die Mark, aber nur 20 463 Brandenburger wechselten nach Berlin.

Potsdam ist nicht so begehrt

Vor fünf Jahren schien die – seit den neunziger Jahren anhaltende – Flucht ins grüne Umland fast gestoppt, aber dann kehrte sich der Trend wieder zugunsten des märkischen Umlands um. Besonders begehrt ist bei den Berlinern nicht etwa Potsdam, dessen Immobilienpreise und Mieten ebenso kräftig steigen wie in der Hauptstadt. Bevorzugte Zufluchtsorte sind stattdessen die Landkreise Oberhavel und Barnim, Havelland und Märkisch-Oderland.

Eine Attraktion bleibt Berlin aber für die übrigen Bundesländer. Da ist der Wanderungssaldo überall positiv. An der Spitze steht Nordrhein-Westfalen, gefolgt von den Südländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

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