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Berlin: Ballabgabe an den großen Spielführer

WM-Abschlussgottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

Das Radio ist da, der Bischof ist da, und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sitzt in der ersten Reihe. Genau einen Monat nach dem ökumenischen Eröffnungsgottesdienst in München schließt die Evangelische Kirche in Deutschland die Fußball-WM mit einem Gottesdienst in der Gedächtniskirche ab. Doch bevor die Kirche den Ball abgibt, wollen Gemeindepfarrer Martin Germer und Bischof Wolfgang Huber noch einmal kräftig mit Fußballmetaphern punkten. Letzterer beschwört den „Teamgeist christlicher Gemeinden“, Pfarrer Germer nennt Kirchenlieder „unsere altvertrauten Fangesänge“ und fordert zum kräftigen Einstimmen auf.

Autokorso auf dem Ku’damm, und die Gedächtniskirche mittendrin. Das sei das Bild, das die Kirche in den letzten vier Wochen im Land und besonders in Berlin geboten habe, sagt er. Kirche mittendrin im Leben. Auch wenn die „Halbzeitandachten“, eines der vielen christlichen WM-Angebote in der Stadt, nicht so voll waren wie die Fanmeile. Der Besuch der täglichen Andachten auf Deutsch und Englisch „war absolut nicht so, wie wir uns das erhofft haben“, sagt denn auch Ingeborg Burger vom Gemeindekirchenrat. Pfarrer Carsten Schwarz vom Foyer der Gedächtniskirche ist trotzdem begeistert: „Es war toll, mit den Fans und Touristen aus aller Welt über Fußball und Glauben ins Gespräch zu kommen.“ Besonders die „Rest Area“ vor der Kirche mit Liegestühlen, Wasser für alle und Broschüren über „Gott und Fußball“ sei prima gelaufen. Und das Medieninteresse sei enorm gewesen: Sogar in Australien habe man über die „Halbzeitandachten“ berichtet, sagt ein mit der polyglotten, modernen Selbstdarstellung seiner Kirche sichtlich zufriedener Bischof Wolfgang Huber und dankt allen Helfern, die „Aufgaben in der Mannschaft übernommen haben“.

„Fußball ist ein starkes Stück Leben“ – dieses Motto hatte Huber in seiner Predigt am 9. Juni in München ausgegeben. Jetzt am Finaltag in Berlin zeichnet er noch mal nach, wie sich der Alltag in Deutschland und besonders in Berlin während dieser fröhlichen Festwochen verändert habe. „Wer das Leben liebt und gute Tage sehen will, der suche den Frieden und jage ihm nach“, lautet der Predigttext aus einem Apostelbrief. 90 Minuten dem Ball nachzujagen, weise dazu viele Parallelen auf, findet der Bischof. Die Geistesgegenwart im Augenblick gehört dazu, wie einst bereits der holländische Fußballer Johan Cruyff feststellte: „Nicht zu spät und nicht zu früh da zu sein, das ist die Kunst.“ Nach dem wichtigsten Augenblick seiner Karriere befragt, wollte Cruyff dann später aber keinen einzelnen herausgreifen. Und so gehe es ihm selbst auch im Blick auf die vergangenen vier Wochen Fußballfreud’ und -leid, sagt Wolfgang Huber. „Jeder Augenblick ist von Gottes Gnade bestimmt. Und ob wir im richtigen Moment da sind, bestimmen wir nicht allein.“

Sein Fazit nach einer friedlichen WM, bei der sich die Deutschen überraschend unverkrampft in ihrem Land präsentiert hätten: „Wo immer Menschen miteinander ein Stück Weg gehen, ereignet sich ein starkes Stück Leben.“

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