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Berlin: Ballermann am Ku’damm

Schlagersänger Jürgen Drews gab ein Gastspiel im Berliner Beersaloon

Er hat extra die rote Lackhose angezogen. Seine „Kampfhose“, wie er sie nennt. Damit tritt Jürgen Drews sonst auf Mallorca im Oberbayern auf. Und trotzdem will Samstagnacht zunächst keine richtige Ballermann-Stimmung aufkommen, in der Kneipe Beersaloon am Kurfürstendamm.

Normalerweise wäre Jürgen Drews jetzt auf den Balearen, die Saison hat gerade angefangen. Den Flug nach Berlin – und am nächsten Abend zurück auf die Mittelmeerinsel – hat er einem alten Freund versprochen: dem Berliner Schlagerbarden Bernhard Brink. Drews gibt sein Bestes, singt alte und neue Hits, immer schön mit Technobeats unterlegt. Natürlich auch „Ein Bett im Kornfeld“, Drews Nummer eins aus dem Jahr 1976. Das Lied hat er immer im Programm, „würde ich das auf Mallorca einmal nicht bringen, würden mich die Partyverrückten im Mittelmeer entsorgen“.

Drews hat dazugelernt, vor ein paar Jahren nannte er seine Fans noch „gehirnamputiert“. Das brachte ihm böse Briefe ein, obwohl es nur ein Spaß sein sollte. Drews liebt es, dass auf der Insel „so viele Jugendliche einen Bezug zu mir haben“. Für die sei er „Kult“. Im Beersaloon sind die meisten Gäste über 40 und „keine typischen Partygänger“, wie Jürgen Drews gleich erkennt. Macht nichts, er wird das schon hinbekommen, er macht das nicht zum ersten Mal. „Ich bin der König von Mallorca“, singt der 62-Jährige und tanzt auf einem Tisch. Sonst setzt sich Drews vor dem Song eine Krone auf, aber die hat man ihm geklaut, erzählt er und grinst. Er nimmt das alles nicht so ernst. Und er ist trotzdem professioneller als Kollege Bernhard Brink. Der hat an diesem Abend vor Drews den Anheizer gemacht, mächtig sein Hemd durchgeschwitzt und Witze über Showkollegen gerissen („Roberto Blanco ärgert sich schwarz“). Dann pöbelte er einen Fan an, der nicht mittanzte, sondern die Hände in der Hosentasche behielt. „So kriegst du nie eine Frau ab“, raunte Brink ins Mikro. „Oder bist du etwa schwul?“

Drews ist besser. Lächelt immer, spielt sein „Bett im Kornfeld“, auch mehrmals, die Leute lieben es schließlich und haben bezahlt. Und er macht dem Publikum Komplimente – „obwohl es auf Mallorca noch wilder zugeht“. Schlagerfans sind traditionell in zwei Lager gespalten. Die einen erfreuen sich ernsthaft an der schönen Musik, die anderen freuen sich, weil sie alles so schön blöd finden. Leider sieht man Schlagerkonsumenten ihr inneres Ironielevel nicht an: Am Ende haben alle das gleiche Leuchten in den Augen. Auch Jürgen Drews ist kaputt, aber glücklich, er malt weiblichen Fans Autogramme auf die Brüste. Dass Drews viel Sinn für Ironie hat, kann als gesichert gelten. Er macht seine Sache seit 35 Jahren und hat sich in der ganzen Zeit nur einmal beklagt. Als das Gerücht aufkam, er habe sich den Hintern liften lassen.

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