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Berlin: Banken wollen der WBM Kredite sperren

Wohnungsunternehmen könnte insolvent werden Koalition will sich davon nicht beeindrucken lassen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Banken, bei denen die städtische Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) mit 1,15 Milliarden Euro in der Kreide steht, haben der Geschäftsführung schriftlich gedroht, die Kredite zu kündigen. In diesem Fall müsste die WBM über kurz oder lang Insolvenz anmelden. Anlass des drakonischen Briefes ist der Senatsbeschluss vom letzten Dienstag, dass vorläufig nur 3000 Wohnungen der WBM verkauft werden dürfen, um das Unternehmen zahlungsfähig zu halten.

Damit hat sich der Eigentümer – das Land Berlin – über den Sanierungsplan des WBM-Aufsichtsrats hinweggesetzt, der 10 000 bis 15 000 Wohnungen veräußern will; je nachdem, welche Preise auf dem Markt erzielbar sind. Auf diese Weise sollte die Wohnungsbaugesellschaft bis Ende 2007 ihren Schuldenberg um 657 Millionen Euro verringern. Dieses Konzept wäre Makulatur, wenn die Banken ihre Drohung wahrmachen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wies gestern vorsorglich darauf hin, dass der Senat eine Insolvenz nicht mit Landesbürgschaften oder Landeszuschüssen verhindern könnte. „Das wäre beihilferechtlich nicht zulässig.“

Gemeinsam mit der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hatte Sarrazin im Senat dafür gekämpft, der WBM keine Beschränkungen beim Verkauf der Wohnungen aufzuerlegen. Ein vergeblicher Kampf, und in den Koalitionsfraktionen fanden die beiden Senatoren erst recht keine Unterstützung. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler schoss sich gestern auf die drohenden Gläubiger ein. Etwa die Hälfte der Kredite werde von der Landesbank Berlin und der ebenfalls landeseigenen Investitionsbank Berlin gehalten. „Es ist schon ungewöhnlich, dass öffentliche Banken einem städtischen Wohnungsunternehmen die Kredite sperren wollen“, sagte Gaebler. „Was haben sie davon?“

Diese Frage stellte gestern auch der PDS-Haushaltsexperte Carl Wechselberg. „Die Wohnungsbestände der WBM sind werthaltig genug; die Banken müssen um ihr Geld nicht fürchten.“ Er sprach von einem „Pokerspiel“. Da müsse man die Nerven behalten. Das Land Berlin dürfe sich nicht erpressen lassen. Zumal dem Konsortium private Banken angehörten, zu deren Kunden prominente Investment-Unternehmen gehörten, die gerne Wohnquartiere kaufen. Diese Information wurde von anderen Bau- und Finanzexperten der Koalition gestern bestätigt.

Am Montag werden sich Vertreter der Regierungsfraktionen, die WBM-Geschäftsführung und der Aufsichtsratschef Ulrich Pfeiffer treffen, um das weitere Vorgehen auszuloten. „Die Beschlüsse der Koalitionsfraktionen und des Senats werden nicht korrigiert“, betonte Gaebler. Aber er sagte auch: Der vom Senat erlaubte Verkauf von 3000 Wohnungen sei „nur ein erster Schritt auf dem Weg der Sanierung“. Nach internen Einschätzungen könnte der Verkaufserlös ausreichen, die WBM bis zum Sommer liquide zu halten – soweit die Banken mitziehen. Nur der SPD-Bauexperte Jürgen Radebold äußerte Bedenken. „Ich habe Angst, dass die politische Führung bei der Bewältigung der WBM-Krise ihren Spielraum überschätzt.“

Mit dem Versuch, den Verkauf kommunaler Wohnungen einzudämmen, steht die Koalition nicht allein. Auch die CDU fordert den „sofortigen Stopp aller Veräußerungen bis zum Beschluss über ein wohnungswirtschaftliches Gesamtkonzept“. Bis zum Mai, sagen CDU und Grüne, solle der Senat das Konzept vorlegen. Nur die FDP will eine „energische Verkaufspolitik“ und eine Orientierung an Dresden, das seine öffentlichen Wohnungsbestände auf einen Schlag privatisiert.

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