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Berlin: Bankenaffäre: Risiken steigen auf 7 Milliarden

Verkauf der Immobilienfonds soll Schaden mindern

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Risiken aus den Immobiliengeschäften, mit denen sich die Bankgesellschaft Berlin fast in die Pleite gewirtschaftet hat, sind offenbar größer als bisher angenommen. Das geht aus einem vertraulichen Papier der Finanzverwaltung hervor. Bei optimistischer Schätzung wird das Land Berlin mit 4,85 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Es können aber auch 7,26 Milliarden Euro werden, die in den nächsten 25 Jahren aus dem öffentlichen Haushalt gezahlt werden müssen.

Als das Gesetz zur Risikoabschirmung der landeseigenen Bankgesellschaft 2002 beschlossen wurde, rechnete der Senat noch mit 3,7 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr schraubte Finanzsenator Thilo Sarrazin die erwarteten Ausfälle auf 4 bis 6 Milliarden Euro hoch. Jetzt korrigierte er auch diese Schätzung in einer „konservativen Rechnung“ weiter nach oben. Gezahlt werden muss für Immobilien, die in geschlossenen Fonds des Bankenkonzerns stecken, aber nicht die Gewinne erwirtschaften, die den Fondsanlegern in den neunziger Jahren versprochen wurden. Auch für Kreditausfälle muss das Land Berlin aufkommen.

Um dem Schrecken ein Ende zu setzen und die Kosten kalkulierbar zu machen, kündigte der Senat im Juni den verunsicherten Anlegern von 15 Immobilienfonds an, ihre Anteile zurückzukaufen. Je nach Fonds sollen die Zeichner mit 52 bis 80 Prozent des eingesetzten Kapitals abgefunden werden. Wenn alle das Angebot annehmen, müsste der Senat 1,8 Milliarden Euro auszahlen. Zurzeit führt der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses eine Marathondebatte über die Frage, ob diese Rückkauf-Aktion sinnvoll ist. Vier vertrauliche Sitzungen wurden angesetzt; danach werden sämtliche Abgeordneten am 20. September zu einer Sondersitzung des Hauptausschusses eingeladen, um sich über die Details zu informieren. Anschließend entscheidet das Parlament, ob es den Fondsrückkauf unterstützt, der über Kredite finanziert werden muss. Der Senat will dafür im Etat 2006/07 eine Ermächtigung von zwei Milliarden Euro haben.

Die FDP-Abgeordnete Sibylle Meister signalisierte gestern, „dass wir in dieser Frage an der Seite der Koalition stehen“. Auch der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Alexander Kaczmarek, ist „in der Tendenz dafür“, wenn mit dem Rückkauf die Risiken aus dem Immobiliengeschäft minimiert werden könnten. Noch gebe es viele Fragezeichen. Auch der Grünen-Finanzpolitiker Jochen Esser warnte vor einer Lösung, „die teurer wird als ein Schadensersatz, auf den Berlin von den Fondsanlegern verklagt werden könnte“.

Die wenigen Gerichtsurteile, die bisher vorliegen, deuten allerdings daraufhin, dass der Rückkauf der Fondsanteile für das Land vorteilhafter wäre. Mindestens eine Milliarde Euro, schätzen selbst Abgeordnete der Opposition, könnten eingespart werden. Aus steuerlichen Gründen erhalten Fondsanleger, die ihre Anteile noch keine zehn Jahre halten, die Abfindung zunächst als Darlehen. Das Bundesfinanzministerium ist mit diesem ungewöhnlichen Verfahren dem Vernehmen nach einverstanden.

Der Rückkauf der Fondsanteile soll über die Vermögensgesellschaft der Bank (LPFV) abgewickelt werden. Anschließend werden sie auf das Land übertragen. Viele Anleger befürchten jedoch, vom Senat übervorteilt zu werden. Sie glauben, eine höhere Entschädigungssumme vor Gericht erstreiten zu können. 6500 Klagen wurden allein über die Kanzlei Schirp in Berlin eingereicht. Erste Verfahren werden Ende September eröffnet.

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