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Berlin: Bargeld und Parfüm – alles auf Rezept

33-Jährige erschwindelte HIV-Präparate für 160 000 Euro/ Gericht verhängte Bewährungsstrafe

Von Kerstin Gehrke

Das schmutzige Geschäft mit teuren HIV-Medikamenten läuft seit Jahren. Das bestätigte sich gestern im ersten Prozess um den Rezeptbetrug durch Apotheker und Patienten. Drei Jahre lang erschwindelte sich die mit Aids infizierte Angeklagte in 95 Fällen unter falschen n bei Ärzten Rezepte. Es entstand ein Schaden von 160 000 Euro. Das Amtsgericht verhängte gegen die geständige Frau zwei Jahre Haft auf Bewährung. Vor gut zwei Monaten war die 33-jährige Annet D. verhaftet worden. Seitdem saß die dreifache Mutter aus Uganda in Untersuchungshaft. „Dass ich es getan habe, es ist eine Schande“, sagte sie vor Gericht. Ihr Ex-Freund habe sie unter Drohungen dazu gezwungen. Sie habe dem Landsmann, der nach ihrer Scheidung und der Geburt ihres jüngsten Sohnes zeitweise bei ihr wohnte, vertraut und ihm auch Geheimnisse über ihre Familie in Uganda anvertraut. „Er drohte, meinen Vater an das Militär auszuliefern.“ Die vermutlich gestohlenen Chip-Karten, mit denen sie zu verschiedenen Ärzten ging, habe sie von ihm bekommen.

Nach Darstellung der Angeklagten, die seit 1991 in Deutschland lebt und Sozialhilfe bezieht, wurde sie für ihre Dienste nie entlohnt. Im Gegenteil. Manchmal habe sie bemerkt, dass Isaak K. auch ihre Medikamente oder die ihres ebenfalls mit Aids infizierten Sohnes gestohlen habe. Was mit den Präparaten geschah, wisse sie nicht. „Wahrscheinlich hat er sie verkauft.“ Inzwischen ist Isaak K. untergetaucht.

Die Ermittlungen laufen. Unklar ist, ob er mit dem Neuköllner Apotheker, bei dem fast alle Rezepte eingelöst wurden, gemeinsame Sache machte, und ob er Geld von dem Apotheker Khalid A. bekam. Nach Überzeugung der Staatsanwältin „wussten die Ärzte mit Sicherheit nichts“. Richterin Beatrice Fischer sprach aus, was Fahnder und Krankenkassen seit langem vermuten: „Es ist nur die Spitze des Eisberges.“ Derzeit wird gegen sechs Apotheker aus Neukölln und Wedding ermittelt. Der vermutete Trick: HIV-Patienten gehen zu den Ärzten und lassen sich teure Präparate verschreiben. In einigen Fällen sollen sie ihre Rezepte an die Apotheker verkauft haben, in anderen Fällen „Geschenke“ wie Bargeld oder Parfüm dafür erhalten haben. Die Apotheker rechneten die Rezepte dann bei den Krankenkassen ab, obwohl sie die bis zu 1000 Euro teuren Medikamente gar nicht an die Patienten ausgegeben haben.

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