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Das Märkische Museum erhält bei der Sanierung auch einen neuen Haupteingang im Innenhof.

© imago/Schöning

Barrierefrei in die Vergangenheit: Berlin macht das Märkische Museum für Jahre dicht

Das Märkische Museum soll ab 2023 saniert und umgebaut werden. Die Zukunft des Stadtmuseums soll rosarot sein: Am Montag wurde der Masterplan 2025 vorgestellt.

Ein Museum, dessen Haupteingang nur über eine Treppe zu erreichen ist, wirkt zunächst mal nicht sehr einladend. Eher unmobile Interessierte könnte das sogar abschrecken, egal ob es zusätzlich einen stufenfreien Nebeneingang oder Fahrstuhl gibt.

Das Märkische Museum, Teil des Stadtmuseums Berlin, ist solch ein treppenbewehrtes Haus. Als es Ende des 19. Jahrhunderts von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann entworfen und 1908 eröffnet wurde, machte man sich um behindertengerechtes Bauen noch nicht allzu viele Gedanken – ein Manko, das das Haus bis in die Gegenwart verfolgt. Und auch im Inneren geht es nicht gerade übersichtlich zu. Treppen und Treppchen führen hinauf und hinunter, das wirkt fast ein wenig labyrinthisch.

Diese bauliche Spezialität muss man noch ein wenig ertragen. Erst 2023 ist damit Schluss und auch gleich mit dem gesamten Publikumsverkehr: Das Museum wird geschlossen, saniert und dabei auch ein wenig umgebaut – 2025/26 ist die Wiedereröffnung geplant.

Die Denkmalschützer hatten ein Einsehen, akzeptieren die Verlagerung des Haupteingangs in den Innenhof, nur ein Mauerdurchbruch für ein neues Tor sei dort erforderlich, ließ Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums, bei der Vorstellung des Masterplans 2025 seines Hauses am Montag wissen.

Ein praktisches Beispiel für die nicht nur von ihm in der Museumsszene so hoch gehaltene Inklusion, die sich baulich keineswegs nur auf den Zugang zum denkmalgeschützten Bau beschränken wird, sondern auch im Inneren Folgen hat. Bei der Sanierung, die in Abstimmung mit der Denkmalpflege, der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) und dem Büro Rüthnick Architekten erfolgt, wird auch eine ohnehin nicht originale Diensttreppe entfernt – eine der Voraussetzungen, ein alle Ebenen erschließendes Treppenhaus zu schaffen.

Ein Gratishappen Stadtgeschichte

Hinter dem neuen Haupteingang wird sogar ein eintrittsfreier Museumsbereich eingerichtet, sozusagen der Gratishappen, der Appetit auf mehr, dann Kostenpflichtiges machen soll. Und wer es bis ganz nach oben schafft, hat sogar noch einen prima Blick über die Stadt, die er soeben museal aufbereitet erlebt hat. Denn der markante Turm des Museums soll über Treppen und Lift zugänglich sein, eine Mischung aus Panorama und künftiger medienkünstlerischer Gestaltung, die ebenfalls von Fall zu Fall Einzug in den Turm halten soll, wie auch immer das konkret dann aussieht.

Seit 1908 wird im Märkischen Museum Berliner Stadtgeschichte zur Schau gestellt.
Seit 1908 wird im Märkischen Museum Berliner Stadtgeschichte zur Schau gestellt.

© Imago

Der Eingang und das Treppenhaus waren also schon mal etwas ausgesprochen Handfestes, das sich aus der gemeinsam von Paul Spies und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gemeinsam bestrittenen Pressekonferenz herausfiltern ließ.

Selbstverständlich fand sie im Humboldt-Forum auf der „Berlin-Global“-Ebene statt. Ein bloßer Wunschtraum bleibt dagegen der Wiederaufbau der Waisenbrücke direkt vor dem Gebäude, für die Werbung zu machen Paul Spies sich auch diesmal nicht nehmen ließ.

Schließlich soll das Märkische Museum ja nicht nur den modernen Zeiten angepasst, sondern zugleich gemeinsam mit dem Marinehaus zum „Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park“ werden, dessen Eröffnung ebenfalls 2025/26 geplant ist. Und da wäre solch eine Brücke schon hilfreich, um das Museum noch stärker ans Zentrum anzuschließen.

Das Ephraim-Palais wird im Frühjahr 2022 wiedereröffnet

Doch vor der Präsentation des neuen Fünf-Jahre-Plans ließ man noch einmal den alten Plan Revue passieren. Dessen Soll, so durfte man folgern, ist offenbar erfüllt, sieht man von dem Corona-Knick ab. Die Zahl der Mitarbeiter im Stadtmuseum ist nicht nur durch das neue, in den ersten Wochen schon von knapp 23.000 Gästen besuchte „Berlin-Global“-Segment von 112 auf 140 gestiegen. Die Besucherzahl kletterte von 2016 bis 2019 um zehn Prozent, woran besonders das Museumsdorf Düppel, die Nikolaikirche und das derzeit wegen Sanierung geschlossene Ephraim-Palais beteiligt waren.

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Letzteres wird im Frühjahr 2022 wiedereröffnet, dann mit der aus dem Märkischen Museum herübergeholten und überarbeiteten Ausstellung „BerlinZEIT“, mit der Stadtgeschichte kompakt vermittelt werden soll. Denn schließlich, das wurde auf Nachfrage noch einmal versichert, bleiben Bildung und Wissensvermittlung, in diesem Fall eben über die Historie Berlins, das Kerngeschäft eines Museums.

Eine nicht ganz unberechtigte Nachfrage, sieht man auf all die auch in der Pressekonferenz reichlich ausgebreiteten Schlagworte wie Partizipation, Diversität, Inklusion, Outreach, Digitalisierung, Dekolonisierung und Provenienzforschung, die einen modernen Museumsbetrieb, so Spies, auch ausmachen sollen – als Ergänzung der klassischen Angebote, nicht als deren Ersatz, wie versichert wurde.

Das Knoblauchhaus bleibt vorerst geschlossen

Zurück zum Konkreten und damit zum Knoblauchhaus mit seiner schon im Vorjahr geplanten, dann coronabedingt verschobenen Eröffnung der neuen Ausstellung zur Berliner Salonkultur des frühen 19. Jahrhunderts. An der waren Alexander und Wilhelm von Humboldt maßgeblich beteiligt, eine parallele Eröffnung des Hauses in der Poststraße und der Berlin-Schau im Humboldt-Forum hätten also inhaltlich nahegelegen.

Persönlich hat Theodor Fontane das Märkische Museum nicht besuchen können. Er starb 1898, da hatte die Planung gerade erst begonnen.
Persönlich hat Theodor Fontane das Märkische Museum nicht besuchen können. Er starb 1898, da hatte die Planung gerade erst begonnen.

© Thilo Rückeis

Aber auch da machte das Virus einen Strich durch die Rechnung: Ein kleines Museumsgebäude wie das Knoblauchhaus, das zudem eintrittsfrei zu besichtigen ist, sei wegen der Zugangsbeschränkungen, die es ja auch in mittlerweile wieder zugänglichen Häusern immer noch gibt, einfach nicht zu vertretbaren Kosten zu öffnen. Das „Salon“-Publikum muss sich also gedulden.

4,5 Millionen Objekte im Bestand

Ansonsten sieht die im Plan festgelegt Zukunft des Stadtmuseums rosarot aus, glaubt man jedenfalls der Farbe des bei der Pressekonferenz verteilten Masterplan-Booklets. Rund 4,5 Millionen Objekte hat das Haus in seinem Bestand, um deren Digitalisierung man sich energisch bemüht, aber es ist eben eine Riesenmenge.

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Von 160.000 Objekten gibt es bereits Datensätze, rund 50.000 sind davon online. Wie wichtig solch eine Digitalisierung beispielsweise für die Provinienzforschung ist, erläuterte Paul Spies am Beispiel des Mobiliars der alten Reichsbank: Als das „Dritte Reich“ in Scherben lag, konnte man in der Bank noch sehr bequem auf edlem Sofas und Fauteuils offenbar französischen Ursprungs sitzen, wahrscheinlich aus Schlössern, Herrensitzen, Regierungsgebäuden in Frankreich geraubt. Die Sitzmöbel wurden nach dem Krieg dem Stadtmuseum übergeben, seien restauriert und wunderschön, berichtete Spies. Informationen über die möglicherweise fragwürdige Herkunft fehlten aber, eine Online-Präsentation könnte da weiterhelfen.

Aber das ist wie der in Jahren rechnende Masterplan noch ferne Zukunftsmusik, anders als die für den 12. November im Märkischen Museum, im Kooperation mit „musuku“, dem „Museum für Subkulturen“ geplante Sonderausstellung „Easy Rider Road Show“, die anders als der Titel suggeriert nicht von PS-starken Bikes handelt, sondern den „Diskurs zur Mobilität des Fahrrads“ aufgreifen und „zugleich das Radfahren in den Kontext von subkulturellen Kunst- und Jugendbewegungen“ stellen will. Mal sehen, ob dann schon der aktuelle E-Bike-Trend berücksichtigt ist.

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