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Bauarbeiten: Bombenfund in Bohnsdorf

Bauarbeiter haben am Freitag einen 100-Kilo-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkieg im Südosten Berlins entdeckt. 1000 Menschen mussten nachts ihre Häuser verlassen – mitten im Unwetter.

Die alte Dame hatte Angst. Die Frau hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt, lange her ist das, aber die Panik kroch doch wieder hoch. Sie musste schnell ihre Sachen packen, das Nötigste mitnehmen, in der Krumme Straße in Bohnsdorf hatten Bauarbeiter gestern Nachmittag gegen 16 Uhr eine russische Fliegerbombe entdeckt. Und bis die Einfamilienhäuser evakuiert waren, die rund 1000 Menschen in einer Schule oder bei Freunden untergebracht waren, dauerte es. Um halb zehn nachts brach dann noch das Unwetter über Berlin herein.

Von 21 bis 22 Uhr rief die Feuerwehr den Ausnahmezustand aus, zum Glück gab es nur wenig Schäden. Trotzdem standen die betroffenen Bohnsdorfer im Südosten Berlins ohne Dach über dem Kopf verzweifelt im Platzregen. Wegen des Wetters musste die Entschärfung zunächst verschoben werden. Während der Sprengmeister sich an der Bombe zu schaffen machte, achteten die Fluglotsen darauf, dass keine Maschine über dem Fundort in der Luft war: Er lag in der Einflugschneise. Verzögerungen gab es aber nach Auskunft von Flughafensprecher Ralf Kunkel nicht.

Blitze durchzuckten die Nacht, Böen fegten durch die Straßen, und mittendrin fragten Anwohner, wo sie denn nun hin sollen. Erst hieß es: In die Küche um die Ecke. Dann wieder: Nein, in die Schule. Die Polizei riegelte den Fundort im südlichen Treptow-Köpenick in einem Umkreis von rund 300 Metern ab. „Das ist eine russische Brandsprengbombe“, sagte Polizeipressesprecher Martin Otter, während die Krankenwagen des Roten Kreuzes an ihm vorbeifuhren – nur zur Sicherheit. So ein Zünder ist gefährlich, er lag frei, und wenn er auch nur von einer Seite schräg belastet worden wäre, hätte Schlimmes passieren können. Doch die Arbeiter, die den Bau einer Wohnsiedlung vorbereiten, haben schnell reagiert und die Polizei benachrichtigt. Die Freiwillige Feuerwehr war auch rasch zur Stelle, die Helfer errichten Hochlampen, damit die Entschärfer in der Dunkelheit arbeiten konnten. Derweil suchten die durchgeweichten Menschen Unterschlupf in der nahen Schule, einige wärmten sich in bereitgestellten Bussen auf.

René Eick aus Alt-Glienicke half seiner Bekannten Cindy Majewski, ihren Laden „Friseureck“ dicht zu machen. „Hoffentlich können wir morgen unsere geplanten Fotoshootings machen und müssen die Kundinnen nicht abbestellen“, sagt der 46-Jährige. „Eigentlich sollten die Frauen bei unserer Sonderaktion erst die Haare und dann das Makeup gemacht bekommen, aber nun wissen wir ja gar nicht, wann meine Bekannte zurück kann.“ Auch Eicks Bruder, der um die Ecke wohnt, musste die Zahnbürste einpacken.

So wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, als unweit ihres Wohnhauses in Mitte an der Museumsinsel ein ebenfalls 100 Kilo schweres Weltkriegsrelikt bei Bauarbeiten entdeckt wurde. Das war am 24. April, Freitag vor zwei Wochen. Da sperrten rund 150 Einsatzkräfte die Gegend um die Bodestraße ab, auch bei Bahn und BVG ging nichts mehr. 3000 Weltkriegsbomben, so die Expertenschätzungen, sollen noch in Berlins Boden liegen.

Sogar der Terminal von Schönefeld musste vergangenes Jahr wegen eines Fundes schon mal geräumt werden, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel.

Ruhig Blut behielt auch der Inhaber der Restaurants „El Rachado“ nahe dem Fundort in Bohnsdorf: „Ach was, so was haben wir in Berlin doch öfter.“

Annette Kögel

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