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Berlin: Baufirmen fordern 130 Millionen Mark für Arbeiten am Palast der Republik

Bund lehnt Planung über die veranschlagten 70 Millionen Mark ab - eine einjährige Verzögerung der Sanierung ist nicht auszuschließenChristian van Lessen Zu einem zeitraubenden finanziellen Fiasko droht die Asbest-Entfernung im Palast der Republik zu werden. Nach Auffassung der beteiligten Baufirmen kosten die Arbeiten fast doppelt so viel wie mit dem Bund vereinbart.

Bund lehnt Planung über die veranschlagten 70 Millionen Mark ab - eine einjährige Verzögerung der Sanierung ist nicht auszuschließenChristian van Lessen

Zu einem zeitraubenden finanziellen Fiasko droht die Asbest-Entfernung im Palast der Republik zu werden. Nach Auffassung der beteiligten Baufirmen kosten die Arbeiten fast doppelt so viel wie mit dem Bund vereinbart. Dieser ging noch kürzlich davon aus, dass der Palast termingerecht Ende Mai nächsten Jahres für rund 70 Millionen Mark vom Asbest befreit ist. Nun aber wollen die Baufirmen wegen ihrer Ansicht nach vorher nicht absehbarer zusätzlicher Leistungen 60 Millionen Mark mehr, und eine einjährige Verzögerung ist nicht auszuschließen.

"Das hat uns vom Stuhl gehauen", sagte gestern Helmut John von der Oberfinanzdirektion (OFD) auf Nachfrage. Verträge müssten eingehalten werden, der Bund als Auftraggeber habe bisher keine Planung über die 70 Millionen Mark hinaus anerkannt. Bisher hätte man bei den Nachträgen lückenlos nachweisen können, dass die Erschwernisse von vornherein absehbar gewesen seien. Die Baufirmen hätten nach der Ausschreibung offenbar "erst den Fuß in die Tür setzen und den Rest über Nachträge regeln" wollen. John hält es aber auch für möglich, dass sich die Firmen der beauftragten Arbeitsgemeinschaft (Arge) "einfach verkalkuliert" haben.

Immerhin sei die Sanierung in früheren Jahren mit 200 Millionen, später dann seitens des Bundes mit rund 100 Millionen Mark veranschlagt worden. Im Oktober 1998 hatte nach einer europaweiten Ausschreibung eine Bietergemeinschaft von fünf Unternehmen unter Führung der Strabag mit ihrem deutlich günstigeren Angebot den Auftrag erhalten. Es gab allerdings auch einen Bieter, der für nur 50 Millionen Mark sanieren wollte.

Wenn es bei einem Auftrag von 70 Millionen Mark Nachträge in Höhe von 60 Millionen Mark gebe, so sei dies völlig unverhältnismäßig und unseriös, sagte John. Für Peter Dörges, den Leiter der Niederlassung Sonderbauten des technisch federführenden Unternehmens Strabag, stellt sich die Lage anders dar. Es seien zusätzliche Leistungen angefallen, die vorher weder für den Auftraggeber noch für den Auftragnehmer zu erkennen gewesen seien, also nicht hätten kalkuliert werden können. Das wiederum habe zu einem gestören Bauablauf und gewissen Zeitverzögerungen geführt.

Man sei schon für einige Firmen, deren Existenzgrundlage in Frage stehe, in Vorleistungen getreten und habe sich bereits an die zuständigen Industrieverbände, auch an die Industrie- und Handelskammer, gewandt. Bis zu 500 Leute arbeiteten auf der Baustelle, was einen nicht unbedeutenden Faktor für den Arbeitsmarkt darstelle. Strabag-Mitarbeiter Dörges betonte, es gebe auch unstrittige Punkte bei den Gesprächen mit dem Bund. Man sei dabei, zusätzliche Leistungen zu optimieren und die Bauzeit-Verlängerung zu verkürzen.

Beim Bund hofft man nach Äußerungen der Baufirmen, dass der Palast Ende 2001 asbestfrei ist, rechnet aber eher damit, dass es bis zum Mai 2002 dauert. Das Bauwerk war im September 1990 wegen gesundheitsgefährdender Asbestbelastung geschlossen worden. Was nach den Arbeiten, die zu gut einem Viertel bewältigt sind, aus dem Haus werden soll, ist wegen der offenen Schlossplatz-Frage ungeklärt.

Christian van Lessen

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