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Auf der Baustelle des BER wird nachweislich gearbeitet.

© Mike Wolff

Baustelle BER: Es geht sogar voran - doch die Politik torpediert den Fortschritt

Im Chaos um den BER droht als nächster Streitpunkt die notwendige Erweiterung des Flughafens. Mit der Planung müsste jetzt begonnen werden. Aber Berlin spielt mit Ungeschick den Gegnern in die Hände. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Am Donnerstag hat sich der Mehdorn-Nachfolger Karsten Mühlenfeld an seinem neuen Arbeitsplatz umgesehen, und er wird festgestellt haben: Schlimmer kann ein Start kaum sein. Chaos ist das, was er vorfindet, und die Baustelle ist dabei zurzeit sein geringstes Problem.

Der Aufsichtsrat, der am heutigen Freitag tagt, bekommt noch immer keinen Vorsitzenden, obwohl die Wahl auf der Tagesordnung stand – der Senat hat keine neuen Mitglieder benannt. Die Gesellschafter spielen ungeniert ihre verschiedenen Interessen gegeneinander aus und sind kaum in der Lage, sich auf gemeinsame Ziele zu verständigen. Berlins Regierender Bürgermeister bezeichnet die Zahlen des bisherigen BER-Chefs Hartmut Mehdorn als „abenteuerlich“, Mehdorn wiederum warnt vor einem Baustopp, sollte der Aufsichtsrat seinen Forderungen nicht nachkommen. Über allem schwebt eine alte Korruptionsaffäre, deren Folgen bis in die Gegenwart reichen und den „Eröffnungskorridor“ im zweiten Halbjahr 2017 latent gefährden: Geht die noch immer mit zentralen Aufgaben beschäftigte, schon damals beteiligte Firma in die Knie, ist der Termin nicht zu halten. Eine fantastische Verhandlungsposition.

Bei näherer Betrachtung sind die tatsächlichen Probleme von den scheinbaren schnell getrennt. Mehdorns Zahlen sind nicht „abenteuerlich“, sondern, sofern es um die Finanzierung bis zur Eröffnung geht, gut dokumentiert. Der Aufsichtsrat hat sie längst beschlossen – wer jetzt überrascht ist, hat nicht aufgepasst. Gestritten wird über die Art der Finanzierung. Die Eigentümer wollen, dass die Flughafengesellschaft Kredite aufnimmt, die sie aber ohne eine Bürgschaft der Eigentümer nicht bekommt. Aber klar ist: Die Flughafengesellschaft braucht das Geld, und sie wird es bekommen.

Der Bund und Brandenburg haben kein großes Interesse an der Erweiterung

Nächster Streitpunkt – die Erweiterung. Der Flughafen ist so, wie er jetzt konzipiert und berechnet ist, bereits am Eröffnungstag zu klein, so weit sind sich alle einig. Um die Überlastung und ein Ausweichen des Flugverkehrs beispielsweise nach Leipzig zu vermeiden, müsste mit der konkreten Planung – und der Finanzierung derselben – jetzt begonnen werden. Aber zwei der Gesellschafter haben daran aus unterschiedlichen Gründen kein großes Interesse: Der Bund hat auch das Wohl anderer Flughafenstandorte im Blick, zum Beispiel Münchens, der Heimat des Verkehrsministers; Brandenburg wiederum ist sowieso alles zu laut.

Und Berlin? Spielt den beiden anderen mit Ungeschick in die Hände. Wer, wie Michael Müller, gegen „ständige Veränderungen“ als grundlegendes Übel wettert (die, davon abgesehen, überwiegend die Politik veranlasst hatte), anstatt die Liebäugelei seiner Kollegen mit Leipzig als „zweitem Hauptstadtflughafen“ platzen zu lassen, der zementiert den Status des BER als künftiger Regionalflughafen. Was alle drei dabei verschweigen: Bei der EU sind längst zusätzliche 2,2 Milliarden staatliche Beihilfen zur Genehmigung angemeldet worden – exakt je zur Hälfte für die dann offenbar doch nicht so „abenteuerlich“ berechnete Fertigstellung und die tatsächlich torpedierte Erweiterung. So gesehen ist der Aufsichtsrat wahrlich paritätisch besetzt: Die Scheinheiligkeit hat auf allen Seiten ihre je eigene Mehrheit.

Das alles passiert zu einer Zeit, da es auf der Baustelle selbst nachweisbar endlich vorangeht. Es wäre fatal, würde die Politik das jetzt für einen kleinen persönlichen Höhenflug wieder riskieren.

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