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Berlin: Baustopp für die Stelen verlängert

Mahnmals-Kuratorium will erst am 6. November über den Ausschluss von Degussa entscheiden. Spezialfirma fürchtet um ihre Existenz

Die Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ und die Bauverwaltung haben am Dienstag entschieden, bis zum 6. November keine Stelen auf dem Mahnmalsgelände aufzustellen und auch keine weiteren Stelen mit Graffitischutz zu versiegeln. Erst zu diesem Zeitpunkt will das Kuratorium der Stiftung darüber entscheiden, ob das umstrittene Graffitischutzmittel von Degussa weiterverwendet wird oder das Produkt eines anderen Herstellers. Bis dahin wollen Stiftung und Bauverwaltung Alternativen zu dem Degussa-Produkt ermitteln und den technischen, rechtlichen und finanziellen Aufwand prüfen, der nötig wäre, um auf ein anderes Mittel umzusteigen.

An der Sitzung am 6. November will auch der Architekt des Mahnmals, Peter Eisenman, teilnehmen. Er will bereits am kommenden Dienstag nach Berlin reisen. „Ich halte weiterhin das Degussa-Produkt für das Beste, werde aber prüfen, ob es Alternativen gibt. Ich habe damals meine Entscheidung für das Degussa-Mittel getroffen im Wissen um die Konsequenzen“, sagte Eisenman dem Tagesspiegel.

Die Verwendung des Degussa-Schutzlacks ist umstritten, da eine Tochterfirma von Degussa das Giftgas Zyklon B produziert hat, mit dem Juden vergast worden waren. Die Firma Bautenschutz, die bereits 300 der 2700 Stelen mit dem Degussa-Mittel behandelt hat, sieht ihre Existenz gefährdet und will die Stiftung verklagen, falls sie das Degussa-Mittel nicht weiter verwenden will. Man habe für die Beschichtung der Stelen Spezialmaschinen kaufen müssen, Leute nur für diesen Auftrag ausgebildet und andere Aufträge abgelehnt, sagte Geschäftsführer Mario Kachel. Er hält den Zeitplan für die Fertigstellung der Stelen gefährdet, wenn man ein anderes Mittel als das von Degussa verwendet, da alle anderen Präparate eine längere Trockenzeit des Betons nötig machten.

Die Firma Geithner, die in Joachimsthal die Betonstelen für das Holocaust-Mahnmal herstellt, hat sich bewusst für Degussa entschieden. Die Verantwortung weist Geschäftsführer Bodo Rothert aber von sich. „Schon in der ersten Ausschreibung der Stiftung für die Stelen waren zwei Produzenten für den Oberflächenschutz aufgeführt. Einer davon war die Degussa“. Erst am Dienstag kam bei Geithner die Anweisung der Stiftung an, keinen Graffitischutz mehr aufzubringen. Die Produktion der Stelen läuft aber unverändert weiter.

Alexander Brenner, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin, bekräftigte, dass Degussa untrennbar mit der systematischen Judenvernichtung verbunden sei und die Beteiligung von Degussa am Mahnmal von einem „eklatanten Mangel an Fingerspitzengefühl“ zeuge. Ein Sprecher von Degussa teilte am Dienstag mit, man respektiere den Ausschluss aus dem Projekt. clk / eck

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