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Berlin: Beamte müssen auf mehr Geld warten

Sechs Berliner Landesbeamte finden, sie werden diskriminiert, weil sie jung sind. Deswegen bekämen sie nicht genug Geld. Ihre Klage auf Bezahlung nach der höchsten Besoldungsstufe wurde am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Die Richter wollen die Frage aber lieber vom EuGH entscheiden lassen

Von Fatina Keilani

Die sechs Landesbeamten, die sich wegen ihrer Jugend diskriminiert fühlen und mehr Geld vom Land wollen, müssen noch etwas auf eine Entscheidung warten. Die siebte Kammer des Verwaltungsgerichts verhandelte die Klagen am Mittwoch zwar, fällte aber noch kein Urteil. Am übernächsten Dienstag, dem 23. Oktober, will es seine Entscheidung verkünden. Von Prozessbeteiligten ist zu hören, dass das Gericht die zentralen Fragen des Streits dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen wird.

Geklagt haben sechs Landesbeamte, darunter vier Polizisten, die jeweils nach der höchsten Besoldungsstufe bezahlt werden wollen, am liebsten rückwirkend ab 2008. In jenem Jahr gelang es einem 39-jährigen Landesangestellten, die Bezahlung nach der höchsten Tarifstufe des Bundesangestelltentarifs BAT einzuklagen, die er regulär erst mit 47 Lebensjahren erlangt hätte. Die Entscheidung erregte Aufsehen; sie wurde vom Bundesarbeitsgericht 2011 bestätigt. Sofort sahen Anwälte damals die Möglichkeit, dass auch Beamte sich in dieser Weise mit Erfolg auf Altersdiskriminierung berufen könnten – schließlich wurde im alten Besoldungsrecht auch bei ihnen nach Lebensalter differenziert. Weiter als bis 2008 zurückzugehen, ist wegen der dreijährigen Verjährungsfrist nicht möglich.

Beamte sind im deutschen Recht keine Arbeitnehmer; sie werden nicht fürs Arbeiten entlohnt, sondern als Staatsdiener besoldet. Das europäische Recht kennt diese feinsinnge Unterscheidung aber nicht. Folgerichtig berufen sich die klagenden Beamten auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum BAT vom 10. November 2011 und auf das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie RL 2000/78/EG, die vom Bund seit 2006 in Gestalt des Antidiskriminierungsgesetzes in nationales Recht umgesetzt ist.

Erst seit dem 1. August 2011 gilt in Berlin ein neues Besoldungsrecht, das nun nur noch Amt und Dienstzeit, aber nicht mehr das Lebensalter für die Bezahlung heranzieht. Das gilt jedenfalls für alle, die neu zu Beamten ernannt werden. Für jene, die schon vorher im Dienst waren, gelten Übergangsregelungen.

Welche Kosten auf das Land Berlin zukämen, wenn die Kläger recht bekämen, dazu wollte die Innenverwaltung am Mittwoch keine Aussage treffen. Sie nannte auch nicht die Zahl möglicher weiterer Kläger. Rechtsanwalt Johann Schmid- Drachmann, der drei der sechs Kläger vertritt, hat nach eigenen Angaben noch rund 1000 ähnliche Klagen anhängig, davon 600 bis 700 in Berlin. Die meisten seien ruhend gestellt, bis eine höchstrichterliche Entscheidung vorliege. Andere Kammern des Verwaltungsgerichts hatten zuvor bereits über die Beamtenbesoldung zu entscheiden, diese aber als gerecht und nicht diskriminierend angesehen.

Dass Berliner Beamte im Bundesvergleich schlecht bezahlt werden, ist am 26. Oktober ebenfalls Thema vor dem Verwaltungsgericht. Dann klagt der Beamtenbund. Es geht um die Frage, ob die Berliner Beamten noch „amtsangemessen alimentiert“ werden. Fatina Keilani

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