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Berlin: Beharrlich widerborstig: Die Methode Wowereit

Der Berliner Regierungschef liebt das Kräftemessen

Das hat er schon immer so gemacht, der Klaus Wowereit. Laut fordern, eine verhandlungswirksame Drohkulisse aufbauen und niemals klein beigeben, auch wenn es im ersten Anlauf nicht klappt. Ein Diplomat war der Regierende Bürgermeister noch nie – und er wird es auch nicht mehr werden. Selbst dann nicht, wenn er mit der Kanzlerin Angela Merkel über mehr Bundeshilfen für die Hauptstadt spricht. Das ist kein Trotz, das ist kein Ungeschick, das ist die Methode Wowereit.

Schon im Januar 1996, als er gerade zwei Monate im Abgeordnetenhaus saß, kanzelte der SPD-Mann den eigenen Senat rüde ab. „Wenn dieser Stil einreißt“, kritisierte er die großzügige Beförderungspraxis im öffentlichen Dienst, „dann sind alle Lippenbekenntnisse zum Sparwillen umsonst.“ Er wolle hoffen, „dass dies das letzte Mal war“. Das war sein Stil auch im Hauptausschuss des Parlaments und im Unterausschuss Theater. Kein Intendant verteidigte gern vor dem knallharten Haushälter Wowereit den Wirtschaftsplan seines Theaters.

Fast schon wieder vergessen ist die beharrliche Demontage der früheren CDU-Führungsleute Klaus Landowsky und Eberhard Diepgen, die Wowereit im Zuge des Bankenskandals im ersten Halbjahr 2001 erfolgreich betrieb. Und nach dem Bruch der großen Koalition setzte sich Wowereit ohne große Gewissensbisse über den Wunsch des damaligen Bundeskanzlers und SPD-Parteichefs Gerhard Schröder hinweg, in Berlin mit Grünen und FDP eine Ampelkoalition zu bilden. Überhaupt soll er Schröder, glaubt man den Zeitzeugen, schon früh durch seine unbekümmerte Widerborstigkeit aufgefallen sein.

Auch als Regierender Bürgermeister testet Wowereit immer wieder – und mit respektlosem Vergnügen – aus, wer der Stärkere ist. Benötigt er dazu Bündnispartner, sucht er sie still und heimlich. Hoffend, dass am Ende die Kohorte groß genug ist, um den Kampf zu gewinnen. Ein Paradebeispiel dafür ist der Solidarpakt für den öffentlichen Dienst, der den Mitarbeitern der Berliner Verwaltung große Opfer abverlangte. Als mit den Berliner Gewerkschaften nichts mehr ging, holte sich Wowereit den Verdi-Bundeschef Frank Bsirske an den Verhandlungstisch – und der zog mit.

Ein noch viel härterer Brocken war die Hauptstadtklausel, die der Berliner Regierungschef in die Verhandlungsrunden um die Föderalismusreform einbrachte. Es war ein überaus zähes Ringen. Bund und Länder waren nicht begeistert, doch Wowereit setzte sich durch, als die Reform im zweiten Versuch vom Bundestag und Bundesrat im Sommer 2006 beschlossen wurde. Nach seinem Wahlsieg und der anschließenden Schlappe vor dem Bundesverfassungsgericht macht der Regierende Bürgermeister nun wieder Druck. Er will das Spiel gewinnen – auch wenn Bund und Länder die Gegenspieler sind. Das ist riskant, aber den Nervenkitzel braucht Wowereit. za

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