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Berlin: Behörde lässt Wasserbetriebe auf dem Trockenen sitzen

Seit zehn Jahren liegt ein Antrag auf Fördergenehmigung beim Senat Die Untätigkeit könnte hunderttausende Euro kosten

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) fördern täglich rund 570000 Kubikmeter Wasser, den größten Teil davon ohne Genehmigung – aber nicht aus eigener Schuld. Denn die zuständige Verwaltung hat einen entsprechenden Antrag des Unternehmens nach fast zehn Jahren noch nicht bearbeitet. Die Untätigkeit der Wasserbehörde, die zur Stadtentwicklungsverwaltung gehört, verursacht eine unklare Rechtslage und könnte zugleich Kosten in sechsstelliger Höhe nach sich ziehen, die bei einer schnelleren Entscheidung vermeidbar gewesen wären.

Notwendig wurde der Antrag vor der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe Ende der neunziger Jahre. Mit der Bewilligung sollte nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung gesetzlich verankert werden, was mit dem – vorher komplett landeseigenen – Unternehmen verwaltungsintern geregelt wurde. Schon am 15.Mai 1996 beantragten die BWB die Bewilligung zur Grundwasserförderung für ihre Wasserwerke. Doch die Behörde hat bisher nur die Genehmigung für das Wasserwerk Wuhlheide erteilt. Ein weiteres Verfahren ist teilweise erledigt, für neun andere Werke ist nach Auskunft der Stadtentwicklungsverwaltung keine Bewilligung absehbar. „Die Kollegen sind dabei“, sagt Verwaltungssprecherin Petra Rohland. „Aber das ist kein Vorgang, den wir in den nächsten Monaten abschließen.“ Die Mitarbeiter der Behörde hätten zu viel anderes zu tun.

Größter Kostenfaktor in dem Verfahren könnte eine Umweltverträglichkeitsprüfung werden, die nach einer Schätzung der BWB bis zu 100000 Euro für jedes Wasserwerk kosten könnte. Laut Gesetz wäre diese aufwändige Untersuchung bei einem schon 1996 gestellten Antrag gar nicht notwendig gewesen; die entsprechende Vorschrift gilt erst seit 1999. Angesichts der inzwischen stark veränderten Fördermengen der Wasserwerke erwartet aber selbst die Stadtentwicklungsverwaltung, dass man den Antrag des Unternehmens jetzt als neu betrachten müsste und deshalb die kostspielige Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig wird.

Genau das will der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) erreichen. Er erhofft sich davon auch Aufschluss über die Auswirkungen der Grundwasserförderung auf die Natur. Den Verband interessieren speziell Feuchtgebiete wie im Spandauer Forst und im Teufelsmoor am Fuße der Müggelberge, die besonders empfindlich auf veränderte Grundwasserspiegel reagieren. Je nach Untersuchungsergebnis will der Umweltverband darauf dringen, dass den BWB Auflagen erteilt werden. „Zum einen wollen wir, dass das geprüft wird“, sagt BUND-Fachmann Peter Schätzl. „Zum anderen finden wir es problematisch, wenn eine Behörde und ein mehrheitlich landeseigener Betrieb die Gesetze nicht erfüllen, und das bei etwas so Existenziellem wie der Wasserversorgung.“ Der BUND erwartet, dass die Wasserbehörde aktiv wird. Schätzl bezweifelt das Argument, die Wasserbehörde habe zu viel anderes zu tun. „Die wollen sich doch nur den Ärger ersparen.“

Zurzeit arbeiten die Wasserwerke in den östlichen Bezirken auf Basis von DDR-Genehmigungen, die laut einem Verwaltungsschreiben „nicht mehr den derzeitigen und gesetzlichen Anforderungen an den Grundwasserschutz entsprechen“. Die Wasserwerke in den Westbezirken arbeiten im Status der „Duldung“. Für die BWB ergibt sich daraus kein Nachteil – zumindest solange niemand auf Unterlassung klagt, weil er beispielsweise im Wassereinzugsgebiet wohnt und Schäden durch Austrocknung des Bodens geltend macht.

Der Verwaltungsrechtler Markus Heintzen von der Freien Universität sagt, der juristische Wert einer „Duldung“ sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Allerdings sei eine Genehmigung samt Umweltverträglichkeitsprüfung wohl sicherer: „Bis man sie hat, ist sie lästig. Aber wenn man sie hat, ist sie gut – weil sie Rechtsschutz vor späteren Gesetzesänderungen bietet.“

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