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Berlin: Bei der öffentlichen Auftragsvergabe ist der Ost-Anteil noch immer gering

Er ist noch immer bescheiden, der Anteil ostdeutscher und Berliner Unternehmen, die in den Genuss von Aufträgen der öffentlichen Hand kommen. Harte Statistiken liegen nicht vor, aber es wird davon ausgegangen, dass nur etwa 20 Prozent aller Bundesaufträge an Firmen in den neuen Bundesländern gehen.

Er ist noch immer bescheiden, der Anteil ostdeutscher und Berliner Unternehmen, die in den Genuss von Aufträgen der öffentlichen Hand kommen. Harte Statistiken liegen nicht vor, aber es wird davon ausgegangen, dass nur etwa 20 Prozent aller Bundesaufträge an Firmen in den neuen Bundesländern gehen. Ein Großteil davon bezieht sich aber auf Investitionen im Bereich Bau und Infrastruktur. Im Milliarden-Geschäft des öffentlichen Beschaffungswesens ist der Anteil gering. Impulse, die diesen Zustand ändern können, gehen nach Meinung von Klaus von Dohnanyi, Beauftragter der Treuhand-Nachfolge BvS, wie dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen mit der Übersiedlung von Bundeseinrichtungen, Botschaften und Verbänden einher. Welchen Stellenwert der Umzug nach Berlin mit Blick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Füllen der hiesigen Auftragsbücher haben wird, vermochten weder Dohnanyi noch Diepgen bei der gestrigen Vorstellung des "Berliner Beschaffungsbuches 1999/2000" zu quantifizieren.

Das Kompendium, in dem sich Unternehmen für Aufträge der öffentlichen Hand empfehlen, soll als eine Brücke zwischen den Firmen und den Vergabestellen in der Verwaltung dienen. Denn auch wenn der Regierungsumzug Chancen für die Unternehmen biete, so laufe die Auftragsvergabe im öffentlichen Beschaffungswesen noch immer über eingespielte Beziehungsgeflechte und werde auch künftig zu einem Großteil in Bonn abgewickelt, so Dohnanyi. Das Kernproblem sei dabei schon lange nicht mehr die Qualität der in Ostdeutschland gefertigten Produkte. Wobei allerdings deren Bekanntheitsgrad im Vergleich zum gesamtdeutschen Produktangebot nach wie vor deutlich unterentwickelt sei. Defizite gebe es nach wie vor in der Kommunikation zwischen potentiellen Auftragnehmern und den öffentlichen Vergabestellen.

Auch Diepgen sieht erheblichen Nachholbedarf in der Vernetzung zwischen Angebot und Nachfrage. Es bestünde die Gefahr, dass Kommunikationskanäle zwischen der Sachbearbeiterebene und der Industrie "aus alter Gewohnheit heraus" unverändert bestehen und ostdeutschen Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen verwehrt blieben. Hierbei gelte es, die Wirtschaftsförderung weiter zu intensivieren und dabei auch die Möglichkeiten der Steuerpolitik zu nutzen, so Diepgen. Dohnanyi empfielt in diesem Zusammenhang der Bunderegierung, die Funktion des Vergabeexperten Ost "schnellstmöglich kompetent zu besetzen". Denn der 1993 von der Kohl-Regierung ausgegebene Weisung, generell ein Fünftel der öffentlichen Aufträge nach Ostdeutschland zu vergeben, wird schon seit Jahren nicht mehr gefolgt.

Dohnanyi appelliert an die Unternehmen, auch im öffentlichen Beschaffungsmarkt einen langen Atem zu zeigen und mit detaillierter Marktkenntnis gegenüber den Auftraggebern aufzutreten. Unverzichtbar sei zudem, mit den Regularien des öffentlichen Auftragwesens und den Entscheidungsstrukturen vertraut zu sein. Ein weiteres Vehikel, um den Anteil der ostdeutschen Firmen an der öffentlichen Auftragsvergabe zu steigern, könnte die zweite Beschaffungskonferenz Berlin/Bonn sein, die im November unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministeriums in Berlin veranstaltet wird. An dieser Kontaktbörse werden alle Beschaffer des Bundes vertreten sein.

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