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Berlin: Beim Bilde des Propheten

Wie türkische Blätter über die weltweite „Karikatur-Krise“ berichten

Die dänisch-islamische Karikatur-Krise, die derzeit die Welt erschüttert, füllt auch in den Europa-Ausgaben der türkischen Zeitungen ganze Seiten. Einige Male schaffte es das Thema – wie in den deutschen Blättern – bis auf die Titelseiten. Unterschiede gab es höchstens in der Art und Weise der Berichterstattung.

„Europa lässt eskalieren“, titelte zum Beispiel am Sonnabend die fromme Tageszeitung Türkiye zu einem Bild des dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen. „Jeden Tag werden in einem anderen Land die hässlichen Karikaturen, die unseren Propheten beleidigen, veröffentlicht“, hieß es dazu in der Unterzeile. „Statt sich zu entschuldigen, dauern die Provokationen an“, war außerdem auf der Titelseite zu lesen. Rasmussen hatte in einem Fernsehinterview gesagt, dass er selbst die Karikaturen nicht veröffentlicht hätte. Allerdings könne er sich nicht in die Angelegenheiten der Presse einmischen. Am Sonntag zeigte die Türkiye den Kopf des dänischen Staatsmannes als Karikatur: „Rasmussen wird frech: Jetzt bedroht er die Muslime.“ Die Überschrift der Titelseite bezog sich auf das Treffen des Politikers mit den Botschaftern aus 76 Ländern, in denen der Islam die vorherrschende Religion ist. Dabei hatte Rasmussen vor „unüberschaubaren Folgen“ beim Mohammed-Streit gewarnt.

Die Tageszeitungen Hürriyet und Milliyet reagierten auf die Karikaturen weniger heftig. Allerdings waren sich die Kommentatoren darüber einig, dass es keine Illustrationen vom Propheten Mohammed geben dürfe, weil der Islam dies verbietet. Außerdem ließen die Zeitungen nur diejenigen zu Wort kommen, die sich kritisch über die Illustrationen äußerten. Dazu zeigten sie Krawall-Bilder der Nachrichten-Agenturen. Am Freitag druckte die Hürriyet auf ihrer Titelseite ein Bild aus Indonesien, auf dem zu sehen war, wie militante Muslime eine dänische Fahne zerfledderten. Die Überschrift dazu: „Gefährliche Zuspitzung.“ Über den Brandanschlag auf die dänische Botschaft in Syrien berichteten die Zeitungen im Innenteil.

In den Europa-Beilagen gab es über dieses Thema nur wenig zu lesen. Lediglich eine Kundgebung in Leipzig meldete die Milliyet am Sonntag. Rund 70 Muslime hätten dort – organisiert von arabischen Studenten – unter dem Motto „Pressefreiheit mit Verantwortung“ gegen die Karikaturen protestiert.

In den Europa-Beilagen tobt derzeit ein ganz anderer Streit: Die Diskussion, die nach dem Türkischverbot in den Pausen der Herbert-Hoover-Realschule in Wedding entstanden ist, mündete in der Hürriyet in einer Kampagne zur Erhaltung der türkischen Sprache in Berlin. Die Zeitung ließ die ganze Woche über Schüler zu Wort kommen, die betonen, dass sie gerne die deutsche Sprache lernen möchten, aber ihr Türkisch nicht vergessen wollen. Im Aufmacher am Freitag sagten die Schüler einer Münchner Schule „Ja zu Deutsch, Nein zu Verboten.“ An diesem Tag meldete die Hürriyet, dass Ankara Berlin ein Protestschreiben geschickt habe. Das Thema darin unter anderem: Türkischverbot in den Pausen.

Suzan Gülfirat

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