zum Hauptinhalt

Berlin: Beim Dealen gefasst: „Kind“ soll zum Gutachter

Polizei nahm einen angeblich Zwölfjährigen am U-Bahnhof in Mitte fest Die Fahnder hegen große Zweifel am behaupteten Alter des Verdächtigen

Der mutmaßliche Drogendealer behauptet, zwölf Jahre alt zu sein. Doch die Polizei, die den Verdächtigen mit zwei Komplizen am Montag auf einem U-Bahnhof der Linie U8 in Mitte festgenommen hat, glaubt ihm nicht. Wie schon häufiger bei derartigen Festnahmen in der Vergangenheit, gehen die Ermittler davon aus, dass sich der aus dem Libanon stammende Verdächtige dieses Tricks bedient, um als strafunmündig zu gelten und somit nicht belangt zu werden.

Um genauen Aufschluss über das Alter des Verdächtigen zu erhalten, hat die Polizei nach Tagesspiegel-Informationen ein Altersfeststellungsverfahren gegen Ahmad Y. angeregt. Er soll zudem bereits mehrfach wegen Drogendelikten polizeibekannt sein. Zuletzt war er demnach aus einem betreuten Wohnheim in Lichtenberg weggelaufen. Er wurde per Vermisstenanzeige gesucht. Die Beamten haben Ahmad Y. nach der Überprüfung wieder dem Betreuer des Wohnheims übergeben, hieß es gestern bei der Polizei.

Mehrere Stunden hatten Zivilbeamte am Montag U-Bahnhöfe der Linie U8 observiert und dort zunächst zwei Männer (41 und 44 Jahre) sowie eine 28-jährige Frau festgenommen, die sogenannte Szenekugeln mit Heroin auf den Stationen Bernauer Straße, Rosenthaler Platz und Weinmeisterstraße gekauft hatten.

Als Händler wurden von den Beamten ein 36-Jähriger, ein 17-Jähriger und der angeblich zwölfjährige Junge auf dem U-Bahnhof Weinmeisterstraße beobachtet und gefasst. Bei dem Erwachsenen fanden die Polizisten Geld und Drogen, die beschlagnahmt wurden. Der 17-Jährige hielt sich zudem ohne Erlaubnis in Berlin auf: Als Asylbewerber konnte der im Libanon geborene Mann lediglich eine gültige „räumliche Aufenthaltsbeschränkung“ für den Kreis Leipzig vorweisen, wie es bei der Polizei hieß. Er muss nun mit einem Verfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz rechnen.

Bereits im Sommer hatte es eine große Debatte um angebliche Kinder gegeben, die als Drogendealer arbeiten. Wie berichtet, hatte die Polizei mehrfach Rauschgifthändler gefasst, die angaben, noch Kinder zu sein – also unter 14 Jahre alt und damit strafunmündig. So wie im Fall Hassan El-F., der behauptete, 13 Jahre alt zu sein. Die Polizei ließ daraufhin ein Altersgutachten anfertigen: Der Gutachter schätzte aufgrund der Erkenntnisse das Alter auf mindestens 21 Jahre. Beim Prozess im Januar dieses Jahres wollte sich das Gericht, wie berichtet, aber darauf nicht verlassen: Es ging nun zugunsten des Angeklagten davon aus, dass dieser 17 Jahre alt ist, weil das Gutachten nicht alle Punkte berücksichtigt habe.

Die Problematik der „Kinder-Dealer“ war vor einem halben Jahr auch im Abgeordnetenhaus heftig diskutiert worden. Im Sommer hatte unter anderem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ein geschlossenes Heim für straffällige Kinder gefordert. In diesem Sommer soll in Berlin eine neue Einrichtung eröffnet werden. Allerdings wird es sich dabei nicht um einen „Kinderknast“ handeln, sondern um eine Einrichtung, in der kriminelle Minderjährige auch längere Zeit festgehalten und betreut werden können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false