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Berlin: Beim Holocaust-Mahnmal entscheidet das Gefühl

Bauverwaltung will Firmen nicht auf NS-Vergangenheit prüfen

In der Diskussion um die Beteiligung der Firma Degussa am Holocaust-Mahnmal siegen die Gefühle über die Vernunft. Die symbolische Bedeutung von Degussa ist für Alexander Brenner gravierend. Deshalb könne man nicht rational entscheiden, sagt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, zugleich Mitglied der Mahnmal-Stiftung. Viele Gemeindemitglieder hätten ihn in den letzten Tagen angerufen und seien der gleichen Meinung. Eine Tochterfirma von Degussa hatte während des Nazi-Regimes das Giftgas Zyklon B produziert, mit dem Juden ermordet worden waren. Die Diskussion um Degussa war aufgekommen, weil die Stelen für das Holocaust-Mahnmal mit einem Graffitischutzmittel von Degussa behandelt werden.

Avi Primor, der frühere israelische Botschafter in Deutschland, hatte am Dienstag gesagt, dass rational nichts gegen Degussa spräche. Mahnmals-Architekt Peter Eisenman sagte, „dass wir uns 60 Jahre nach dem Holocaust nicht mehr zu Geiseln der Political Correctness machen lassen dürfen“.

„Eisenman und Primor sprechen in ihrem eigenen Namen“, so Brenner, „ich aber vertrete die Jüdische Gemeinde“. Albert Meyer, der bei der annullierten Parlamentswahl der Gemeinde auf den zweiten Platz gekommen ist, sieht das anders: „Ich hoffe, dass eine pragmatische Lösung gefunden wird, die keine weiteren Kosten verursacht. Und somit stehe ich Eisenman und Primor nahe.“

Albert Meyer wie auch Julius Schoeps, der das Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam leitet und ein weiteres prominentes Gemeindemitglied ist, kritisieren die Mitarbeiter der Denkmal-Stiftung und der Bauverwaltung: „Es ist mir schleierhaft, wie dort Personen über ein solch sensibles Bauvorhaben entscheiden können, die die historische Dimension nicht beherrschen“, sagte Meyer.

Alexander Brenner hofft, dass die Mitarbeiter der Bauverwaltung aus der Diskussion über Degussa lernen. „Die Beteiligung von Degussa ist genauso schlimm, wie wenn Baumaschinen von Mengele dabei wären“, meint Brenner. Tatsächlich gibt es eine Günzburger Baumaschinenfirma Mengele, aus der auch der berüchtigte Auschwitz-Arzt Josef Mengele stammt. Dennoch will Brenner nicht nachschauen, welche anderen Firmen bei dem Mahnmal mitbauen und ob womöglich die Günzburger Firma darunter ist. Auch die Bauverwaltung hält das nicht für nötig. „Ich glaube nicht, dass noch andere Unternehmen mit NS-Vergangenheit beteiligt sind“, sagte Petra Reetz, Sprecherin von Bausenator Strieder. Im Auftragsbuch nachzuschauen, bestehe kein Anlass. „Hier geht es nur um Zyklon B“. Claudia Keller

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